Diskutieren ist erlaubt – auch Sonntags


Das Arbeitsgesetz entfacht hitzige Diskussionen um Art. 27 Abs. 1ter. Im Grunde genommen geht es aber um Angst von der Zukunft oder um Zuversicht für die Zukunft.

Bei der Gentechfrei-Initiative geht es eigentlich um einen wesentlich wichtigeren Entscheid, als bei der Änderung des Arbeitsgesetztes. Aber hintergründig sieht es ganz anders aus. Es wird wesentlich mehr über die Beschäftigung von Personal am Sonntag diskutiert, als über das fünf-jährige Gen-Moratorium. Warum?

Über das «Warum» wird viel geschrieben und auch diskutiert. Diskutieren sie mit. Einige Hundert Personen lesen täglich unseren Blog – und keiner gibt einen Kommentar ab. Ich weiss, mit der «Beschäftigungsmöglichkeit am Sonntag» habe ich ein ganz heissen Eisen aufgegriffen. Ein Liberaler darf das – ja soll das.

Den Beitrag von Gestern habe ich in der genau gleichen Form in meinen persönlichen Blog gestellt. Dort hat es einige lesenswerte Kommentare und im heutigen Beitrag noch einige Bemerkungen dazu, wieso die Kirche einen andern Standpunkt einnimmt, als viele liberale Kirchgänger.

Diskutieren sie mit! – zu unterst am Blog Kommentar erfassen und Anti-Spam-Code nicht vergessen

Unser Ziel ist eine attraktive, volksnahe Kirche. In Langenthal zum Beispiel gehören nicht nur die 70 dazu, die am Sonntag in die Kirche gehen – auch die 7000 die nicht kommen, aber zu uns gehören und eine eigene Meinung haben. Die 7000, viele davon recht «kirchenfern» gehören auch zu unseren «Kunden».

Diskutiert mit, bringt die Kirche (egal welche) weiter und macht das gleiche mit der Schweiz, Deutschland, Österreich … – dort hat man ähnliche Zeit- und Kulturprobleme.

In eigener Sache:

Geben sie einmal bei Google «libref» ein – und unser Blog ist an erster Stelle. Das vereinfacht ihnen die Suche, falls sie unsere Adresse – http://libref.kaywa.ch – nicht auswendig kennen oder nicht unter den Favoriten/Lesezeichen abgespeichert haben.

Bei www.google.com – auf Englisch oder Google in einem andern Land oder einer andern Sprache – sind wir jetzt auf 10 Stelle bei den Suchergebnissen.

Es gilt jetzt für uns, noch diese grossen Bibliotheken und das FBI Federal Bureau of Investigation zu überholen.

Libref kommt bei diesen nicht von lib-eral ref-ormiert, sondern von lib-rary ref-erence. Unser Name im Blog wurde absichtlich so gewählt, denn das erbigt interessante Zufallstreffer aus Universitäten

Text: Stephan Marti-Landoltfinanzblog – bei Google weltweit an erster Stelle! Falls sie an diesem Know How interessiert sind – www.blogknowhow.com kann vermutlich auch ihnen weiterhelfen.

Arbeitsgesetz (Sonntagsverkauf) – Abstimmung vom 27. November 2005


Zugegeben, ob ein «JA» oder «Nein» bei der Abstimmung über die sonntäglichen Ladenöffnungszeiten in Zentren des öffentlichen Verkehrs abgegeben wird, dürftedie Börsenkurse kaum bewegen. Aber es scheint ein Machtkampf zwischen Kirche und Politik zu sein – zu Recht?

Als Grossratskandidat der FDP für den Kanton Bern darf ich heute die Ladenöffnungszeiten in Zentren des öffentlichen Verkehrs (ÖV) präsentieren. Weniger als ein Prozent der Menschen, die heute schon an Sonntagen arbeiten, werden betroffen sein – rund 2000 Personen.

Auf der andern Seite bin ich in Langenthal Präsident des Rates der reformierten Kirche. Und die Kirche ist geschlossen dagegen. Wer ist die Kirche oder l’église? Darüber haben wir schon oft diskutiert! Ein Gotteshaus – der Franzose benützt das treffende Wort «le temple» – die Pfarrerinnen und Pfarrer, die Kantonsobrigkeit, die kantonale Kirche? Oder sind es gar die Mitglieder, die Steuerzahler? Davon haben wir in Langenthal, der Durchschnittsgemeinde der Schweiz, «Gott sei Dank» noch rund vier mal Personen, als von der Abstimmung betroffen sein werden. Ob die alle mit der eindeutigen Meinung der «Kirche» einverstanden sind, wage ich ernsthaft zu bezweifenl.

In dieser eingeklemmten Lage fühle ich mich gar nicht so unwohl, denn mein Beruf als Vermögensverwalter ist eigentlich nie so ganz eindeutig dafür oder eindeutig dagegen – man muss an der Börse abschätzen was die Zukunft, die Reaktion der Masse und der Menge bringen wird. Und wie beim Sandwich – das Beste ist das Eingeklemmte – der Schinken. Es ist immer nur eine Frage der Sichtweise.

meine Power-Point-Präsentation

Weitere Unterlagen und Links:

Volksabstimmung
Die Volkswirtschaft und weiteres vom SECO
Presserohstoff
– die 25 grössten Bahnhöfe mit mehr als 20 Mio. Umsatz
Schweizerische Evangelischer Kirchenbund SEK
katholische Kirche

Dieser Text ist meine eigene Meinung und braucht sich nicht mit derer meiner Vorstandskollegen oder der Mitglieder zu decken: Stephan Marti-Landoltfinanzblog

Der Hahn – Symbol der Reformierten


Der Hahn – sein stolzer Gang, die scharfen Sporen, der schwellende Zorn, heiliger Vogel, Herold des Tages, Des Lichts & des Verrats

Das ‚Logo’ des Schweizerischen Vereins für freies Christentum’ und teils seiner Sektionen ist der Hahn. Er schaut von den Kirchtürmen der – wenn auch nicht exklusiv – Reformierten herunter: Ein Zeichen der Rück-Wende zu den Quellen des Glaubens, zu den Quellen des Paradieses, von welchem aus die Erde zu bewässern ist oder doch eines Arkadiens, einer Geburt eines Lichtgottes, wenn der Hahn bei der Geburt des Lichtgottes Apollon wie auch bei der Geburt Jesu den Erlöser zuerst den Tieren meldete. Der Hahn verkündet nicht nur den neuen Tag, welcher die Welt dem Lichte aussetzt, sie aus der Verborgenheit an die Freiheit führt, (a-letheia), sondern er blickt ihr mutig in die Augen und verkündet ihre ewigen Wahrheiten. Sie erscheinen im Hahnschreie. Die Welt kommt in ihm an. Er ist der Seher, Mantis, Rasende, der ausser sich gerät., An- & Abwesendes in ein Anwesen versammelt (Martin Heidegger). Er erinnert im Sinne der Oden des Horaz den biformis vates, zweigestaltigen Seher (II XX). Er nimmt die Welt wahr, nimmt sie in Gewahrsam, Wahrheit. Sein Wahren ist ‚entbergendes Bergen’, Offenbarung, Vorsehung, in der Zeit, frühzeitig gedacht, als Wahrheit, die Wahrnis des Seins ist. Gehörthaben des Hahns ist Hören auf das lichtende Anwesen, ist Wissen als Erinnern des Seins, als das denkende Gewahren der Wahrnis des Seins (M.H.), zu welchem auch die denkend gesagten Wörter und das , was allem Denken erst zugesprochen ist, Gott, zählt. Es ist das, was Denken in Anspruch durch die Religion nimmt, Denken im Denken am Rätsel des Seins zwischen der Frühe des Gedachten in der Nähe des zu Denkenden, einem Dazwischen, verräterischen, verleugnenden Inter-Esse nach dem Mathäusevangelium, welches zum Entscheide in die Nachfolge Jesu, Freiheit, beruft: Religion als Freiheit, Freiheit als Religion.

Die frühesten archäologisch überlieferten Hähne finden sich neben Granatäpfeln auf Grabstelen in Lakonien im 6. Jahrhundert vor Christus in Chrysapha bei Sparta. Sie überliefern einen Kult nach dem Tode, in den Granatäpfeln ebenso wie im Hahn des Anbruchs eines neuen Tages, einer neuen Welt, der Auferstehung, Geschichte der Vor-Sehung, als Kult, Reflexion in der Zeit. Anstelle des Hahns haben im antiken Mythos auch schon idealisierte Abbilder des Toten über seinem Grabe wie seit Beginn des 6. Jahrhunderts in Athen, Samos oder auch in Megara Hyblaea zu treten. ‚Irdischer Leib, sink nieder zur Asche, ewige Seele, steig flammend empor.’ Der antike Grieche spricht von ‚eidola’, davon Idylle. Beim Besuche der Stelen wurden die Grabstätten bekränzt und darauf Gefässe mit duftendem Öl gestellt, um die Toten in einen Wohlgeruch zu hüllen. wo heute Blumen den Kontakt zwischen der Erde, aus welcher Menschen genommen sind, und den Hinterbliebnen im Aufsuchen der Gräber er- und bewahren.

Die Toten fristen in der Antike ein blasses Schattendasein und irren im Dunkeln herum, aus welchem der Hahnschrei sie an Licht führen soll. Wenige entrinnen der dunklen Hemisphäre mit Hilfe der Götter: Ganymed wird von Zeus zum Olymp entrückt. Die Göttin der Morgenröte, die rosenfingrige Eos, geleitet Tithonos ans Ufer des Ozeans, auch Herkakles erfährt rumreichen Aufstieg an der Seite einer olympischen Göttin, und viele träumten seither von einem wohltätigen Heldenleben, welches zum Himmel entrückt wird. Die Demeter deutet die Tiefe der Erde an, in welche ihre Tochter Persephone entführt wird, die in bildender Kunst mit dem Fruchtbarkeitssymbol der Granatäpfeln in der Hand dargestellt wird (Rossetti).

Der Initiationsritus, Durchgang zum Jenseits, bleibt als Geheimnis gehütet, und doch deuten Bilder, wie diejenigen des Hahns, die öffentlichen Momente der Zeremonie, auch etwa einer Prozession von der Hinfälligkeit des alten und des vagen Traums eines zukünftigen Zeitalters an, auf dessen Schwelle der Hahn ‚in dürftiger Zeit, da die alten Götter noch nicht tot, und der neue Eine noch nicht unter uns weilt’ kräht. Was kräht der Hahn? Dass Gott gerecht ist, indem wir ‚keinen Hauch von Leben hätten, wenn im tiefsten Innern diese Gewissheit nicht existierte’? Niemand zerstört, den Stoff seines Heimwehs, urteilt Cioran, d.h. unsere Träume überleben unser Erwachen dank des Hahns. Wir denken zwar nicht mehr an eine geographische Wirklichkeit von Idyllen zurück, und doch wohnt eine höchste Gabe in uns als Dimension unseres Ichs, es handelt sich darum, sie – worin die ewige Gegenwart als Sieg über das Werden zu finden. Wir scheinen heute in einer ewigen Gegenwart zu leben. Alles ist präsent, doch dahin kräht, krächzt roh der Hahn: Die Geschichte ist nicht der Sitz des Lebens, sie ist dessen Abwesenheit, der Hahn weckt, mahnt zur Skepsis, zum Aufbruche, in der germanischen Mythologie am jüngsten Tage, wenn er die Recken zum letzten Kampfe weckt, und dann auch der Hahn des unterirdischen Reichs der den Riesen zugezählten Hel die Totenwelt zu wecken hat. Jener Haut ist hälftig normal, hälftig blau-schwarz, sie ist halbtot und halblebendig, und ihr sind gar die jeweiligen alten Götter verfallen – bis der Hahn die Geburt des neuen Einen in dessen Weile über dem jeweiligen Tagesanbruche ankündete.

Text: Jean-Claude A. Cantieni, Chur

Hähne

Auch Hähne sind vor der Vogelgrippe, auch Hühnerpest genannt, nicht sicher – und ordnungsgemäss sind diese Vier im Wohnzimmer. Nur der Hahn auf dem Kirchturm darf draussen bleiben.

Foto und Zusammenstellung: Stephan Marti-Landoltfinanzblog

Hallo win oder nur Halloween


138 000 000 Millionen Einträge in Google über Halloween – und beinahe hätte ich nicht dran gedacht.

Halloween ist bei mir nicht als Fest- und Feiertag eingezeichnet – vermutlich auch nicht in Zukunft. Mein 16-jähriger Sohn findet: «Für das bin ich schon zu alt!» Ich selbst glaube an Halloween, zumindest dass damit viel Geld verdient wird (wir lehnen jede Haftung ab – anschauen auf eigene Gefahr).

Hier noch auf die Schnelle einen Kürbis-Schnitzkurs und sonstige (meist überflüssige) Ratschläge.

Kürbis

Wer keinen Kürbis zur Hand hat, kann gleich am Bildschirm gestalten – viel Horror (eh Spass)!

Foto , Text und Kürbisanbau: Stephan Marti-Landoltfinanzblog

Religious Freedom as a Human Right


A contribution of Dr John B. Taylor Representative at the United Nations (Geneva)UN – of The International Association for Religious Freedom (IARF)

For over 100 years the International Association for Religious Freedom (IARF) has upheld the right to freedom of religion, both within a particular religion and between religions. The context today is one where for over 50 years the United Nations Universal Declaration of Human Rights in article 18 affirms this right, but where violations continue and preventive strategies are agreed but too seldom applied. There is also widespread recognition of the principle of Professor Hans Küng that there can be no peace in the world without peace among the religions of the world.

My work in inter-religious dialogue with the World Council of Churches, with the World Conference on Religion and Peace and with the International Association for Religious Freedom confirms the connections between the quest for peace and for justice, the connection between conditions for peace and the respect of the basic human right for freedom of religion or belief. My work has also confirmed the important and even disproportionately great contribution made by small “liberal” religious communities – drawing, for example, on Christian, Jewish, Muslim, Hindu and/or Buddhist traditions, as was the case for IARF for over a century.

I wish to address three key aspirations: peace, freedom and tolerance.

1. Peace:

Peace is not only external political or social peace but also inner peace which may draw on religious experiences. Religious people often preach the supreme value of peace, drawing from and contributing to ongoing religious and cultural traditions which extol peace; but they can sometimes misinterpret or misuse their religious traditions to justify exclusion or violence. Inter-religious dialogue can be a profoundly self-critical exercise as well as one to mobilize common visions and energies for peace-making.

International peace is often disturbed by national or local tensions, injustices and conflicts. The role of religion in provoking or healing such tensions often depends upon whether rights which one claims for oneself are also being coveted and protected for one’s neighbour, especially when that neighbour is of another faith tradition and is part of a vulnerable minority. Rights must enjoyed but that confers responsibilities to protect them for all communities. Peace among religions cannot be maintained by domination or control by the strong over the weak, but mutual respect for differences should lead to equal enjoyment of rights.

A particular context for inter-religious peace must be within the local community where ignorance may breed arrogance, privilege may blind people to injustices, strong and legitimate cultural identities my submerge minorities’ cultural expression. Migrant workers and asylum seekers are particularly susceptible to frustration and even, in extreme cases, violent reaction if they are denied recognition of their roots and their rights to religious and cultural identity and allowed only a suspicious or reluctant “welcome” into a new society.

2. Freedom:

As well as the political and social rights and responsibilities which should exist in all societies, there should be a particular concern to uphold freedom of religion or belief. Freedom is not only liberation from oppression or imposition but it is also liberation for participation in building a community. It may be necessary to ensure freedom from tyranny or exploitation, but it is equally important to mobilize freedom of choice and freedom of expression. Liberal religion does not mean an irresponsible freedom of intellectual or spiritual relativism nor yet a laissez-faire disengagement from social duties.

Freedom of religion also implies a commensurate freedom to choose not to believe in any religious tradition or not to belong to any particular religious community. The discrimination suffered by many religious communities in the context of atheistic or secular ideologies or governments should not justify any reprisals against “non-believers” once religious communities attain access to authority and power. The dialogue and quest for peace among religions is not to be conceived as a front against the “wicked world” of secularism! Partnerships to build peace and justice and to create social harmony and equality may develop between people of all faiths or of none.

Freedom is to be protected not only by protesting against violations but also be creating conditions where injustices and discriminations cannot survive. The General Assembly of the United Nations agreed to a request from the Special Rapporteur on freedom of religion or belief that a consultative conference on the theme of school education as a preventive strategy against intolerance and discrimination based on religion or belief be held in Madrid on the 20th anniversary of the 1981 United Nations “Declaration on the Elimination of all Forms of Intolerance and Discrimination based on Religion or Belief”. This Madrid conference recognized the different approaches to religious education about one’s own tradition, about the need to understand the wider field of world religions and about learning values from religion; it made recommendations for the teaching of tolerance, not least as drawn from the ideals of world religions.

3. Tolerance

The Preamble to the Charter speaks of “tolerance” as an active value; it should not be understood simply as passive toleration. Just as dialogue should not be understood in terms of compromise or syncretism but as a constructive confidence-building method to build shared community, even so tolerance should be seen as a dynamic expression of acceptance of diversity and respect for differences.

The current UN Special Rapporteur on freedom of religion or belief has made recent visits to countries like Sri Lanka, France and Nigeria. She has investigated abusive forms of proselytism but also of legislative repression of religious freedom; she has pointed to the counterproductive legislation that excludes especially young Muslim women from public education because of prohibitions against culturally specific dress; she has examined punitive legislation directed notably against women for example infringing marriage regulations. In every case she has identified problems of religious or ideological or cultural extremism and fanaticism which are better regulated by education and dialogue than be restrictive or punitive legislation.

The ethos of “liberal” religionists has always been to deplore intolerance and discrimination, extremism and fanaticism; but there is also a danger of moral superiority or impatience whereby one fails to persuade or even to engage in conversation or co-operation with those whom one considers as “illiberal”. One of the greatest challenges of dialogue is to listen, to seek to understand opposing positions, and, without compromising fundamental rights and duties, to offer mediation, to seek mitigation of conflict, and to attempt reconciliation. Sometimes the minority community, with least to lose, can succeed in such restoration of religious peace, of respect for fundamental freedoms and of conditions for a just and sharing community.

Dr. John Taylor hat diesen Vortrag von seiner englischen Vorlage in fliessendem Deutsch an der zweiten Kappeler Milchsuppe vorgetragen. Ich habe ihm eine eigentlich für unsere Veranstaltung fast nebensächliche Frage gestellt: Welche Religion haben sie persönlich? Er ist Methodist und vertritt damit indirekt die 8. verschiedene Glaubensrichtung an unserer Tagung. Einerseits kam diese Frage von mir als Leiter durch die Referate und andererseits vielleicht auch, weil mein Referat «die Religionslandschaft in der Schweiz» sich mit der Statistik beschäftig hat.

Taylor

Jean-Claude A. Cantieni im Gespräch mit Dr. John Taylor

Fotos und Zusammenstellung: Stephan Marti-Landoltfinanzblog

Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche und die Religionsrechte


Pfarrer liz. theol. Alexandru Nan sprach anlässlich der zweiten Kappeler Milchsuppe über die Rumänisch-Orthodoxe Kirche und die Religionsrechte

Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geschätzte Damen und Herren,

am 21. Oktober hat unsere Rumänisch-Orthodoxe Kirche mehrere Männer gefeiert, die für die Freiheit ihres Glaubens gestorben sind: Visarion Sarai, Sofronie und Oprea und die Priester: Ioan aus Gales und Moise Macinic aus Sibiel.
Nach der Niederlage der Türken im Jahre 1683 vor den Toren Wiens begannen die Habsburger im Fürstentum Transsilvanien immer mehr Fuss zu fassen. Drei Jahre später schloss der transsilvanische Fürst Michael Apafy mit Österreich den so genannten Wiener Vertrag.
Am 4. Dezember 1691 erliess der österreichische Kaiser Leopold I. das so genannte „Leopoldinische Diplom“, das mehr als eineinhalb Jahrhunderte das Grundgesetz Transsilvaniens bildeten. Dieses Diplom erkannte die Privilegien der drei ständigen (politischen) Nationen an: Ungarn, Sachsen und Sekler, sowie auch die Rechte der vier „rezipierten“ Religionen: Katholiken, Reformierte, Lutheraner und Unitarier. Dies bedeutete, dass das rumänische Volk und die orthodoxe Religion, die auch künftig „toleriert“ waren, im Leopoldinischen Diplom nicht erwähnt wurden. Weil die Zahl der Orthodoxen grösser war, als jene aller „rezipierten“ Nationen zusammen, wollte die Katholische Kirche durch die Unterstützung der katholischen Habsburger die Vereinigung der Rumänen mit der Katholischen Kirche verwirklichen. Für einige Privilegien wurden der junge Bischof von Alba Iulia und einige Priester zu der Union mit Rom gewonnen. Diese Union erhielt aber einen grossen Widerstand. Viele Rumänen wurden verfolgt und einigen fanden den Tod in den Kerkern von Kufstein und Graz. An diese Märtyrer wollte ich erinnern, weil deren Geschichte mit jener Episode ähnelt, die in Kappel 1531 geschehen ist.

Mehr noch möchte ich aber die Situation der Rumänisch-Orthodoxen Kirchen unter dem Kommunismus schildern. Am 1. August 1975 haben die Regierungs- und Staatschefs aller europäischen Länder (mit Ausnahme Albaniens), der USA und Kanadas in Helsinki die Schlussakte der Konferenz über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) untergeschrieben. Die Signatarstaaten verpflichteten sich, „die Menschenrechte und Grundfreiheiten einschliesslich der Gedanken-, Gewissens, Religions- oder Überzeugungsfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechtes, der Sprache oder der Religion“ zu achten“.

Auch die Verfassung von 1974 garantierte die Religionsfreiheit, aber verschiedene Kirchen des Landes wurden nach wie vor unterdrückt. Die Orthodoxe Kirche Rumäniens hat unter den Kommunisten auch viel gelitten. Viele Geistlichen verbrachten viele Jahre im Gefängnis. Zahlreiche von ihnen kehrten nach ihrer Verhaftung niemals zurück. Es ist heute weniger bekannt, dass im Kreis Arges 3 Priester erschossen wurden. Unter der kommunistischen Regierungen wurden 2000-3000 orthodoxe Geistlichen verhaftet. Ähnliche Probleme hattenalle anerkannten Konfessionen Rumäniens, trotz den Versprechungen des kommunistischen Staates, die Religionsfreiheit aller Menschen zu respektieren.
Im Artikel 29 der heutigen rumänischen Verfassung wird es erklärt, dass „die Gewissensfreiheit eine Freiheit ist, die in ihrer Komplexität sowohl die Freiheit der religiösen Überzeugung umfasst als auch die Freiheit, sich für eine Religion zu entscheiden“ .
Gemäss dem Absatz 2 dieses Artikels ist der Staat verpflichtet: „die Religionsfreiheit zu achten und zu garantieren und sich dafür einzusetzen, die Nichteinhaltung dieser Freiheit, durch wenn auch immer, zu verhüten“ .
In Rumänien sind fünfzehn Kulte anerkannt worden, und mehr als hundertfünfzig Religionsgemeinschaften wurde der Status einer Rechtpersönlichkeit zuerkannt, so dass sie in der Ausübung ihrer Rechte volle Freiheit geniessen.

Auch die Orthodoxe Kirche unterstützte und unterstützt die religiöse Freiheit. Es waren schwierige Zeiten für alle Konfessionen Rumäniens und für die rumänische Bevölkerung, die heute in einigen Teilen der Welt zu Hause sind. Heute ist die Orthodoxie stark in der ökumenischen Arbeit tätig. Eine ökumenische Arbeit ist auch Friedensarbeit, sonst hat sie keine Existenzberechtigung. Versöhnung zwischen den Kirchen, zwischen den Religionen, zwischen den Völkern, Überwindung der Konflikte mit gewaltlosen Mitteln, Versöhnung mit den anderen Religionen sollen auch ihre Beschäftigungen sein.

Die Religionsfreiheit ist auch eine Beschäftigung der ÖRK-Mitgliedskirchen, wo die Orthodoxie sehr aktiv ist. Wie Jean-Paul Durant in seinem Artikel „Was haben der Ökumenische Rat der Kirchen und das Zweite Vatikanische Konzil zur Religionsfreiheit beitragen“? zeigte, hat der Ökumenische Rat der Kirchen seit seiner Entstehung (1948) auch mit dem Begriff „der individuellen religiösen Freiheit“ sehr präsent . Bei den Themen der normalen Generalversammlungen des ÖRK wurde immer auch ein lebhaftes Interesse für die Menschenrechte und für die sozialen Fragen geäussert, und dabei war durchaus klar, dass dieses Interesse auch der religiösen Freiheit ihrer Konfessionen galt . In einer Sitzung der ÖRK wurde über die Religionsfreiheit dekretiert:

„Wir anerkennen das Recht jeder Menschen, „allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat gemäss den Grundsätzen der Religionsfreiheit zu leben. Die Religionsfreiheit bestätigt das Recht eines jeden Menschen, die Wahrheit zu suchen und nach seinem Gewissen Zeugnis von dieser Wahrheit abzulegen. Sie umfasst auch das Recht, Jesus Christus als Herrn und Heiland zu bekennen und den Glauben an ihn in Wort und Tat zu bezeugen.
Religionsfreiheit beinhaltet das Recht, einen Glauben anzunehmen oder den Glauben zu wechseln und seiner Religion‚ durch Gottesdienst, Brauchtum, Praxis und Lehre Ausdruck zu verleihen, ohne hierbei einem Zwang unterworfen zu werden, der diese Freiheit einschränken würde.
Wir lehnen jegliche Verletzung der Religionsfreiheit und alle Formen religiöser Intoleranz ebenso ab wie jeglichen Versuch, anderen einen Glauben oder eine religiöse Praxis aufzudrängen oder sie im Namen einer Religion zu manipulieren oder sie unter Druck zu setzen“ .

Erlauben sie mir, diese Sätzen des Dokumentes mit der Schlussfolgerung zu beenden: Ohne Wahrheit, Nächstenliebe und ohne die Tugend der Stärke kann es keine Religionsfreiheit geben.

Pfarrer liz. theol. Alexandru Nan, Chur

1) Dritte Diskussionsrunde: „Praktiken der Länder“, in: Internationales Seminar „Menschenrechte und Religionsfreiheit: Praktiken in Westeuropa“ (II), 27.-30. Januar 2001, Paris, 14-60, hier 54.
2) Ebd. 54.
3) In: Internationales Seminar 119-135, hier 126.
4) Ebd. 127.
5) „Die Herausforderung des Proselytismus und die Berufung zu gemeinsamen Zeugnis, in: DwÜ III, 704-705.

Nan

Zusammenstellung und Foto: Stephan Marti-Landoltfinanzblog

Dankeswort von Pfarrer Max U. Balsiger – Ehrenmitglieder


Ruth Dreier, Ebmatingen und Max U. Balsiger, Meikirch/BE wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt.

Beide haben es mehr als nur verdient, zum Ehrenmitglied ernannt zu werden. Dies als Zeichen der Anerkennung ihrer jahrzehntelangen unermüdlichen Arbeit für den landeskirchlichen Schweizerischen Verein für freies Christentum und das heute eingestellte Schweizerische Reformierte Volksblatt (SRV).

Als Ersatz für das SRV dient einerseits dieser Blog, der gemäss Information einer (theologischen) Journalistin in der Schweiz im Bereich der Landeskirchen (noch) einmalig zu sein scheint. Falls jemand einen andern Blog aus diesem Bereich kennt, bitte im Kommentar kurz die Adresse angeben. Andererseits gibt es in der Romandie noch «Le Protestant» und wir durften auch schon auf Max Balsiger als Übersetzer zurückgreifen.

Nachfolgend die Dankesworte von Max Balsiger, der beinahe während zweier Jahrzehnte Präsident war:

Herzlichen Dank für die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft. Als ich vor 20 Jahren als Präsident gewählt wurde, sagte ich, ich sei auf jeden Fall kein Visionär, man könne von mir nicht grosse Neuerungen erwarten. Es ging mir tatsächlich mehr um das Bewahren von dem, was noch vorhanden war, und ich erkannte bald, wie wichtig die Spurensicherung wurde, als „liberale Theologie“ und „Freies Christentum“ immer mehr totgesagt und totgeschwiegen wurden. Später merkte ich, dass es dafür ein Datum gibt: das war der Tod von Ulrich Neuenschwander 1977. Seither waren es fast nur noch die liberalen Fraktionen in den drei grossen Landeskirchen, die unsere Sache öffentlich vertreten haben. Vielleicht darf ich sagen, dass ich Spuren hinterlassen habe damit, dass ich vom Verein viele Akten ins Berner Staatsarchiv brachte, wo es jetzt eine gute Abteilung „Freies Christentum“ und „Liberale Theologie“ gibt, und zwar für die ganze Schweiz!

Ich hoffe, dass eine künftige „Vergangenheitsbewältigung“ unsere Stimme im 20.Jahhrhundert ernstnehmen wird. In meiner Zeit ist unsere kritische Stimme, vor allem auch diejenige im „Schweizerischen Reformierten Volksblatt“, nur selten zur Kenntnis genommen worden. Die elektronischen Medien ignorierten uns, ebenso der Evangelische Pressedienst. Eine Ausnahme war die Diskussion um die Lima-Papiere des Ökumenischen Rats der Kirchen in den 80-er Jahren, als wir fragten: Wo waren die Reformierten in Lima?

Und damit sind wir beim Thema, das der neue Vorstand mit Elan angegangen ist: die interkonfessionellen, interreligiösen und internationalen Beziehungen. Und da möchte ich anregen, dass man zurückgeht auf Erzbischof Söderblom, den Freund von Albert Schweitzer, der die ursprüngliche ökumenische Bewegung mit dem Namen „Life and Work“ geprägt hat, als es noch hiess: „Lehre trennt, Dienst vereint“.

Genau daran will offenbar die heutige Veranstaltung „Kappeler Milchsuppe 2005“ erinnern. Da ist niemand, der dafür sorgt, dass nur die zugelassen werden, die den richtigen Löffel in der Hand haben. Da verzichtet man auf „sichtbare Einheit“ und bemüht sich um „versöhnte Verschiedenheit.“ In diesem Sinn wünsche ich dem Verein alles Gute für die Zukunft.

Max U.Balsiger, 3045 Meikirch

Balsiger

Text: Stephan Marti-Landoltfinanzblog

Wahrheit & Freiheit – Dank, Fazit und Hypothese


Jean-Claude Cantieni dankt den Referenten und «Mitstreitern» der Kappeler Milchsuppe, lässt die Tagung in seiner Art Resümee passieren, dass die folgenden Blogbeiträge einzelner Referenten immer noch aktuell bleiben und denkt in die Zukunft – was es «anzupacken» gilt.

Sehr geschätztes Referentengremium,

namens unseres Vereins bleibt, Ihnen nochmals sehr herzlich zu danken, dass Sie unsere Einladung ins historische Kloster von Kappelannahmen, um zusammen darüber nachzudenken, wie das An-Denken an den damaligen, die Konfessionen auseinandersetzenden Toleranzakt von 1529 in ein verschlungenes Mit-Denken in ‚Différence & répétition’ (Gilles Deleuse) in multikultureller Zeit zu münden hat?

Wenn wir überzeugt sind, dass die Perspektive Menschenrecht als religiöser Friede und religiöse Freude & Freiheit richtig gewählt ist, ergibt sich ein umgreifendes check and balance zwischen Staat & Kirchen, Wahrheit & Freiheit, worunter ein Mentalitätswandel in der schweizerischen Identitätsfrage hin auf ein Denken als Freundschafts- oder doch Nachbarschaftsakt sich zu ereignen hat. Die Einigkeitsstifter von 1529, welche den beiden ‚herrschenden’ Konfessionen je ihre Hemisphäre zuteilten, den Augsburger Religionsfrieden von 1551 damit vorwegnahmen (cuius regio eius religio), sind durch ‚Mediatoren’ mit einem de-territorialisierenden Denken abzulösen, um zu einem dualen Solchen zu kommen, für dessen Aussagefelder sich darin dann nicht einzig zwei Subjekte artikulieren. Solches Denken hat sich in unserer deutschen Sprache verloren. Wir kennen einzig den Singular und den Plural (das Subjekt und die ‚Meute’), während in Sprachen bspw. auf dem Balkan sich ein Dualis seit der Antike erhalten hat, d.h. eine eigne Ausdrucksform für eine qualifizierte Mehrzahl, Gruppe: Ein Haus – alle Häuser & Mehrere Häuser (nachbarschaftliche Häusergruppe als versiegtes ehemals eignes Rechts- Subjekt) d.h. wir brauchen eine Archäologie der prä-individuellen Ereignisse in unsrer subjektivistischen Zeit, um zu einer Möglichkeitsbedingung eines Denkens im multikulturellen, statt bipolaren Umfelde der Kappeler Milchsuppe von 1529 zu gelangen, wir haben unsre Sprachen auf eine subkutane Sprache hin zu befragen, auf welche die aktuellen Wörter einzig noch hindeuten, indem sie sie im Pinterschen Sinne auslassen, seit die Sprache einer Rationalisierungsguillotine unterworfen wurde. Zusammen mit der Schweiz war bspw. die graubündnerische ‚Verfassung’ im 16. Jahrhundert eine führende für ganz Europa, als Pfarrer erstmals das Wort Demokratie nicht mehr als Schimpfwort in der Öffentlichkeit verankerten, als was es in der patrizischen Gesellschaft galt.

Die Schweiz und Graubünden sind durch einen letzten Religionskrieg in Verfasstheit zueinander getreten, woraus wir als Schweiz und im engern Sinne des Wortes gemäss der Gründungsgeschichte unseres Vereins im Hinblicke auf deren erfolgreiche Promotion der Glaubens- & Gewissensfreiheit der Verfassungsnovelle von 1874 ein klassisches ‚nobile officium’ herleiten, die Diskussion um die Menschenrechtspraxis um den religiösen Frieden, wie sie ab 2007 innerhalb der UNO mit Sitz in Genf vorgesehen ist, anzuregen und dannzumal aus dem Blickwinkel des Landes zu begleiten. Die Menschenrechtsperspektive erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Intension wichtig, denn ein letzter Nenner für eine Gerechtigkeit unter den Kulturen auch in der Schweiz wird glaublich angesprochen, die äusserst divergieren: Für einen römisch-katholischen Albaner, fremden Nahen und nahen Fremden in der Schweiz, gilt das Recht seines Clanchefs neben dem schweizerischen, ein starker Mann vollstreckt sein Urteil in jenem selber, er ignoriert das Gewaltmonopol des Staates, etc: Finden wir also zu einem Stil der Differenz. Indem wir ihn zusammen mögen, vermögen wir ihn.

Die Perspektive des Menschenrechts wird auch unserer weiteren Befindlichkeit insoweit gerecht, als anthropogene Eingriffe in die natürlichen Ressourcen wie auch Folter, atomare Bedrohung die Weltkultur und keineswegs gesonderte Gesellschaften mehr allein wie einst bedrängen, was das Menschenrecht weit über die aus der europäischen Aufklärung heraus entstandene Terminologie auf eine Ethik hin trägt, wie sie etwa Albert Schweitzer und zeitgenössisch Hans Küng vertreten, und wie sie mutmasslich aus dem ‚Naturrecht’ des Humanismus, d.h. einer Rechtsidee entspringt, für welche das Recht als eines vorstellbar ist, dessen Existenz vom Menschen losgelöst, aus der Natur, die einst göttlich gedacht wurde, selbst quillt. Ein Identitätswandel ist geboten und unter multireligiösem Aspekt eher denn unter bipolaren Verhältnissen als Chance angeboten, insoweit wir Frieden nicht mehr einzig von neuem Gehorsam unter ein göttliches Gesetz, oder Präludien erwarten, sondern – und diesen Weg deutet das ‚Menschenrecht’ an – im prozeduralen Einklagen des religiösen Friedens, dessen Verletzen eine Klage nach göttlichem Versprechen nach sich zieht: Zugleich der freiheitliche Versuch von Begegnung mit einer göttlichen Güte, statt Versuchung einer göttlichen Allmacht, die bestenfalls vor der linearen Alternative darin steht, zu verurteilen oder ein Ritual in beschämender Billigkeit anzunehmen.

Mit gutem Gruss,
25. Oktober 2005 sig.
Jean-Claude A. Cantieni,
Präs.CHVffr.Chr.
Loëstrasse 145
Chur
Adressatin & Adressaten

– Dr. Oskar Flück, Basel
– D. Erwin Koller, Uster
– Pfarrer Alexandru Nan, Chur
– Frau Saïda Keller-Messahli, Zürich
– Karan Singh, Langenthal
– Mehmed Turan, Basel
– Eimert van Herwijnen, Brummen, Holland
– Dr. John Tayler, IARF, Genf
– Pater Maurus Burkard OSB, Einsiedeln
– Dr. Hans-Ulrich Jäger Werth, Einsiedeln

Liebes Vorstandsgremium,

…bleibt mir, sehr herzlich zu danken, und: Wenn wir überzeugt sind, dass die Perspektive Menschenrecht als religiöser Friede und religiöse Freude und Freiheit richtig gewählt ist, ergibt sich ein umgreifendes check and balance zwischen Staat und Kirchen, worunter eine Art Mentalitätswandel in der schweizerischen Identitätsfrage mitberührt ist. Das An-Denken an Kappel und seinen Toleranz-Akt von 1529 als Schullernstoff hat in ein Mit-Denken als Freundschafts- oder doch Nachbarschaftsakt unter multireligiösem Vorzeichnen zu münden. Die Einigkeitsstifter von 1529, welche den ‚herrschenden’ Konfessionen je ihre Hemi-sphäre zuteilten, den Augsburger Frieden vorwegnahmen (cuius regio eius religio), verlangt ein de-territorialsierendes Denken, um zu einem dualen Denken zu kommen, für dessen Aussagefelder, darin sich mehr denn einzig zwei Subjekte artikulieren. Solches Denken hat sich linguistisch, in unserer deutschen Sprache verloren. Wir kennen einzig den Singular und den Plural (das Subjekt und die ‚Meute’), während in älteren Sprachen sich ein dualis erhalten hat, d.h. eine eigne Ausdrucksform für eine Gruppe: Ein Haus – alle Häuser und: Mehrere Häuser (Häusergruppe, -nachbarschaft als versiegtes Subjekt) als ein eignes Subjekt, d.h. wir brauchen eine Archäologie der prä-individuellen Ereignisse in unsrer subjektivistischen Zeit, um zu einer Möglichkeitsbedingung eines Denkens im multikulturellen, statt bipolaren Umfelde noch zu Beginn der Neuzeit zu gelangen. Zusammen mit der Schweiz war die graubündnerische ‚Verfassung’ in dieser Zeit eine führende für ganz Europa, worauf wir anlässlich der letzten Gesprächstagung in Chur zu verweisen hatten, in welcher die Spur eines ‚Weisheits-Prozesses mit historischer Begründung’ nochmals, im Menschenrecht, aufzugreifen ist?

Befinden Sie bitte darüber, ob wir als Vorstand dieses Jahr nochmals zusammen kommen, um vielleicht eine prononcierte Information an die SEK und an Ministerin Michelin Calmy-Rey zu formalisieren? Die Menschenrechtsperspektive erscheint (mir) aus gesamtgesellschaftlicher Intension wichtig, wird glaublich ein letzter Nennen für eine Gerechtigkeit unter den Kulturen auch in der Schweiz angesprochen, die äusserst divergieren: Für einen Albaner in der Schweiz gilt das Rechts seines Clanchefs, ein starker Mann vollstreckt sein Urteil selber, er ignoriert das Gewaltmonopol des Staates, etc: Finden wir zu einem Stil der Differenz (als Liberale sind wir dazu berufen: liberal heisst, um Alternativen wissen.).

Mit gutem Gruss,

Jean-Claude A. Cantieni

PS: Der angesprochene «Fall eines Albaniers» beruht auf dem tatsächlichen Fall eines Menschen, der je nach Auslegung als religiöse Sippenmoral bis hin zu Mord betrachtet werden kann. Der Gerichtsfall ist ad acta gelegt. Abgeschlossen, vergessen – auch das ist Auslegungssache.

Ein Dankeschön auch an unseren Präsidenten, der seinen «Hauswein» kostenlos beim Mittagessen zur Verfügung stellte. Der Wein ist ein Cuvé aus Blauburgunder (Pinot Noir) und einer aus dem Kosovo eingeführten Traubensorte. Angebaut sind die Reben in Chur und Jenins und ausgebaut in Reichenau – bei keinem «Geringeren» als Gian-Battista von Tscharner.

tscharner

Rarität: Churer-Jeninser von J-C Cantieni – Encaveur G-B von Tscharner

Zusammenstellung und Foto: Stephan Marti-Landolt – ehemaliger vom Tscharner-Gut aus Bethlehemfinanzblog

Zur Geschichte der Kappeler Milchsuppe


Mit dem Beitrag von Dr. phil. Jürg Stüssi-Lauterburg über die Geschichte um die beiden Kappeler Kriege, eröffnen wir die Berichterstattung der zweiten Kappeler Milchsuppe.

Kappel, 22. Oktober 2005

Die Kappeler Milchsuppe in 20 Minuten.

Sehr verehrte Damen, meine Herren,

ich weiss nicht, ob sich die Kappeler Milchsuppe in 20 Minuten wirklich ausleuchten lässt. Die Sache ist nämlich alles andere als ein einfaches Einbrocken von Zürcher Brot in Innerschweizer Milch und danach herrschte Friede.

Wir sprechen von einer historischen Mahlzeit. Es tut deshalb vielleicht gut, sich zu Beginn an Heinrich Hoffmann von Fallerslebens Lied aus dem Jahr 1840 zu erinnern:

1. Die Weltgeschichte ist das Weltgericht,
Doch kein Gericht für jeden Magen,
Denn solche herbe Speise würde nicht
Ein jeder Herr und Knecht vertragen.

2. Drum hat man viele Männer angestellt,
Die müssen’s klopfen, kochen, braten,
Daß dies Gericht der ganzen Welt gefällt,
Zumal den hohen Potentaten.

3. Zu haben ist es dann an jedem Ort,
Für Geld bekommt es leicht ein jeder;
Mit einer Brühe gibt man’s gratis fort
Sogar auch wohl noch vom Katheder.

4. Es ist bereitet dann so exzellent,
Daß man die Finger danach lecket;
Gesättigt rufen wir: Potz Element!
Wie gut doch die Geschichte schmecket

Nun, was wissen wir denn eigentlich? Die Zürcher Reformation verlangte von den Innerschweizern etwas, was sie aus ökonomischen Gründen damals nicht leisten konnten, die Aufgabe der Fremden Dienste und ferner etwas, was sie aus religiösen und politischen Gründen nicht leisten wollten, die freie Predigt des Evangeliums. Die evangelische Lehre hatte mit Riesenschritten Fortschritte gemacht: 1528 und 1529 in rascher Folge Bern, St. Gallen, Konstanz, Basel und Schaffhausen. Die fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug fühlten sich bedroht. Sie setzten deshalb der ihren politischen Willen in Frage stellenden freien Predigt des Evangeliums am 29. Mai 1529 eine weithin leuchtende Grenze, als sie in Schwyz Jakob Kaiser verbrannten.

Folie 1 (die Folien sind nicht im Blog aufgeschaltet)

Das war eine Provokation, sie wussten es, es kam zum Krieg, zu einem Krieg, dessen bizarre zwei Stossrichtungen der Zürcher und erst noch ohne die Berner klar machen, dass es sich um einen eher ungewöhnlichen Waffengang handelte.

Folie 2

Kappel, 9. Juni 1529. Man steht sich Auge in Auge gegenüber, es geschieht aber nichts, weil eine Reihe von Schiedleuten auftauchen, welche zwischen Eidgenossen vermitteln wollen, der Glarner Landammann Hans Aebli beispielsweise. Die Zürcher hatten ausserdem nur eine begrenzte Unterstützung von Seite der Berner, mussten sich also zurückhalten. Die Innerschweizer waren nicht sicher, zu gewinnen. Es kam also zu einer Art von Waffenstillstand bei kampfbereiten Heeren. Da hinein gehört eine Episode, die Heinrich Bullinger Jahrzehnte später in seiner Reformationsgeschichte wie folgt schilderte:

„Uff ein Zyt namend vil dappfferer Xellen von den 5 Orten, ein grosse Müütten mitt Milch, und stalltens uff die March, in Mitten, schruwend den Zürychern zu, sy habind wol ein gute Milchprochen, aber nüt darin zu brochen. Da luffend redlich Gesellen der Zürychern hinzu, mit Brot, und brochetend yn, und lag yetweder Teyl uff sinem Erterich, und aassend die Milch mitt einanderen. Wenn denn einer über die halb Mutten uss greyff, und aas, schlug inn der ander Teyl (in Schimpff) uff die Händ, und sagt fryss uff dinem Erterych. Und deren Schimpffen giengend ettlich me für, dass do es dem Stattmeister von Strassburg, J. Jacoben Sturmen, der ouch under den Schidlüthen was, fürkamm, sagt er, Ir Eydgenossen sind wunderbar Leuth, wenn ir schon uneins sind, so sind ir eins, und vergässend der allten Fründschafft nitt.“

Bullinger selbst war ja hier in Kappel gewesen, als das Kloster 1526 zur Reformation übertrat, ja selbst bis ins Jahr 1529, wo er nach Bremgarten berufen wurde. Er hatte gewiss gerade für derart anekdotische Begebenheiten die besten möglichen Quellen und ausserdem überliefert er das Zeugnis eines Strassburger Vermittlers, das er ganz bestimmt nicht erfunden hat. Für mich besteht kein vernünftiger Zweifel, dass die Milchsuppe gegessen worden ist 1529. Eine ganz andere Frage aber ist, was diese Episode, mehr war es eindeutig nicht, denn niemand ausser Bullinger hat sie der Überlieferung wert erachtet, nachmals so bedeutend machte.

Nun, nach der Suppe der Krieg:

Zürich war nicht bereit, die Selbständigkeit der fünf Orte in Fragen der Religion und der Fremden Dienste zu tolerieren. Die fünf Orte sahen nicht vor, sich diktieren zu lassen. Zürich versuchte sich mit einer zu allen Zeiten sehr schwierigen Kampfform, einer, die kaum jemals Erfolg gehabt hat, mit einer so genannten Proviantsperre, also einem Lebensmittelboykott. Die Urschweiz hatte damals und hat heute ein Getreidedefizit, sie konnte also nur entweder sich den Zürcher Forderungen unterwerfen oder Krieg führen. Und zum Krieg kam es denn auch.

Hier die Ausgangslage 1531:

Folie 3

Der Zürcher Feldzug ist rasch erklärt,

Folie 4

Man zieht nach Kappel, lässt sich schlagen und zieht wieder nach Haus.

Lokal hat sich das etwa so abgespielt

Folie 5,

wobei die Vorhut der fünf Orte die Schlacht gegen Abend gegen die eigene Führung erzwang.

Wie sieht eine Schlacht damals aus:

Folie 6

Langspiesse, darin Halbarten, flankierend etwas Geschütz. Dem Gegner wird der Druck abgewonnen, viel ist Handarbeit, Schlachtenhandwerk.

Warum haben die Zürcher verloren?

1. Wie immer sind sie sehr selbstbewusst: Wir können es ohne die Berner! Wie sich gezeigt hat, eben nicht!
2. Die Elite, insbesondere die militärische Elite, ist innerlich nicht für die Sache der Reformation zu haben.
3. Die Kaderauswahl war von Zwingli all zu sehr auf die Gottesfurcht und all zu wenig auf das Kriegshandwerk gelenkt worden: „Und sehe man all weg me gotzvorcht, trüw und warheit an weder kriegens kunst.“
4. Die Urschweizer kämpften für ihre politische Existenz.

Nun Zwingli

Folie 7

bezahlte den Preis, sein Helm und sein Schwert waren

Folie 8

jahrhundertelang als Beutestücke in den fünf Orten, wenn auch das Hauptbanner

Folie 9

gerettet wurde. Der Verlust Zwinglis war ohne jeden Zweifel niederschmetternd

Folien 10 und 11.

Aber der Krieg ging weiter. Die Zürcher versuchten’s nun doch noch mit den Bernern

Folie 12

Aber mittlerweile war das militärische Prestige der Urschweizer erstarkt, sie setzten sich auch am Gubel durch

Folien 13 und 14 und erzwangen einen für die Reformierten höchst ungünstigen Frieden.

Resultat: Jahrhundertelange Frustrationen. Genau die Parteien von Kappel haben, mit verschiedenen Verbündeten, 1656 bei Villmergen und 1712 bei Villmergen und 1847 im Sonderbundskrieg wieder bekämpft, drei Jahrhunderte lang wurde dieses Feindschaft nicht überwunden.

Warum ist diese Eidgenossenschaft in diesen Jahrhunderten nicht zerfallen? Nun, die Erklärung prägen wir auf die Randschrift des Fünflibers: DOMINUS PROVIDEBIT.

Darunter aber gab es einen Geist der gebremsten Gewalt, weil selbst im Bürgerkrieg das eidgenössische Empfinden nie ganz erlosch, hier führt eine gerade Linie von der Kappeler Milchsuppe zu Dufours berühmtem Armeebefehl von 1847 und zur gemässigten Bundesverfassung von 1848, welche angesichts gewisser radikaler Tendenzen damals auch ganz anders hätte aussehen können.

Albert Anker war 16 Jahre alt, als der Sonderbundskrieg geschlagen wurde, ihm und seiner Generation, welche die Überwindung der alten Gegensätze im Zeichen der Modernität, der Eisenbahn, der Industrialisierung, vor allem aber des liberalen und demokratischen Rechtsstaates schaffte, dieser Generation bedeutet die Milchsuppe nun etwas ganz Grosses und Wichtiges.

Und so hat sie ihre moderne Ikonographie erhalten

Folie 15

Dass sie 1940 als nationales Symbol auftaucht, versteht sich

Folie 16

Es handelt sich dabei aber noch um mehr als das: Die Entschlossenheit der Eidgenossenschaft, sich gegen totalitäre Zumutungen zur Wehr zu setzen, führte nämlich dazu, dass auch die Zahnlosen Dienst zu leisten hatten. Zahnlosen- oder Edentaten-Kompanien wurden geführt.

Heute erinnert der Milchsuppenstein

Folie 17

an das Ereignis.

Wann und wo wissen wir nicht mehr, dass es die Kappeler Milchsuppe gegeben hat, steht für mich fest.

Was bleibt?

Es bleibt vielleicht die Möglichkeit, die kompromisslose Suche nach der Wahrheit mit jener Toleranz zu verbinden, die dem Gegenüber das Recht einräumt, anders, selbst ganz fundamental und radikal anders zu sein. Und ob wir Eidgenossen nun wunderbare oder, wie der Strassburger Bürgermeister Jakob Sturm wohl eher sagen wollte, wunderliche Leute seien oder nicht, so können wir doch gewiss nicht fehlen, wenn wir auch, wenn wir gerade heute den Versuch unternehmen, auch wenn wir und gerade wenn wir uneins sind, der alten Freundschaft nicht zu vergessen!

Stüssy

Fotos und Zusammenstellung: Stephan Marti-Landoltfinanzblog (hier lesen sie heute einen Beitrag über liberale Politik und eingeschränkte Pressefreiheit).

Für die Qualität meiner Blitzlicht-Aufnahmen und die grafische Aufbereitung möchte ich mich grundsätzlich entschuldigen. Wer Lust, Zeit und Begabung hat kann vermutlich noch viel aus meinen RAW/(Nef)-Dateien rausholen – nur sollte diese hilfreiche Person keine Kosten verursachen. Melden sie sich bitte bei marti at martischweiz.ch. Danke.

Religionslandschaft in der Schweiz


Heute findet die 2. Kappeler Milchsuppe statt!

Zweite Kappeler Milchsuppe

Statistik – Daten zu meinem Vortrag

Text: Stephan Marti-Landoltfinanzblog

PS: Herzlichen Dank an mein Ratsmitglied Christoph Obrist – ohne seine technische telefonische Unterstützung könnte man nur im Blog die Statistiken in Farbe betrachten – nun also auch heute life in Kappel am Albis – und natürlich dort auch in Farbe. Alles ganz einfach, man muss nur wissen, dass man den Laserdrucker auf «Folien» (und das im entsprechenden Papierfach) umzustellen hat! Es geht nichts, ohne Zusammenarbeit – und davon hören sie heute noch einiges. Wer nicht kommen kann, liest es demnächst in unserem Blog.