Religiöser Frieden und Menschenrechte
In ihrem temperamentvollen Vortrag von rund einer Stunde Dauer stellt sie zuerst die Inflation des Begriffs Menschenrechte (MR) fest. Es gibt unsinnige MR-Postulate, wie z.B. jenes gewisser älterer Frauen, welche aufwendigste medizinische Hilfen für das Kindergebären einfordern als MR für das Gebären können.
Frau Haller gruppiert ihre Ausführungen nach folgenden drei Grundfragen:
1.) Religionsfreiheit als MR auf verschiedenen räumlichen Geltungsebenen.
2.) Öffentliche Ordnung und Religion in ihrem Zusammenhang
3.) Grenzen der Religionsfreiheit
Zu 1.) MR-Konvention der UNO ist weltweit auf globaler Basis wirksam, und einklagbar geworden.
Zu 2.) Die Bosnienerfahrungen und aktuelle Ereignisse haben die Referentin hellhörig für unterschiedliche Traditionen im Umgang mit Religion und Staatlichkeit gemacht. Entscheidend für Europa waren die Schrecken des 30.jährigen Krieges im Zeichen der Religion. Der westfälische Frieden von 1648 unterstellt die Religion staatlicher Ordnung.
Der europäische MR-Artikel: Freiheit, die Religion betreiben zu dürfen, aber dadurch dürfen andere nicht beeinträchtigt werden! Nationen ersetzen Religionen … keine Religionskriege mehr (dafür nationale Feldzüge).
Es gibt eine historische Konditionierung: die amerikanische oder die europäische Fassung des Problems.:
a) die amerikanischen Freiheitsrechte (amendments): Einwanderer unterstehen einer Bekenntnispflicht (Puritaner wollten ja als Europaflüchter in Amerika einen Gottesstaat errichten). Die Freiheit in der Religionsausübung ist demnach wichtiger als eine staatliche Ordnung. Anders in Europa
b) In Europa, in der Schweiz nach dem Sonderbundskrieg, nach der Gründung des Bundesstaates, zwingen die freisinnigen Sieger die katholischen Verlierer in die neue Staatsordnung, also eine reduzierte Religionsfreiheit im Sinne des allgemeinen Religionsfriedens («Wir haben „Religionsfreiheit politisch im Blut!» ;siehe Kappeler Milchsuppe oder die relativ schmerzlose Wahl einer jüdischen Frau Dreifuss in den Bundesrat). Der Ruf nach einem Minarettverbot ist wohl eher ein Akt reiner Ausländerfeindlichkeit als eine grundsätzlich religiöse Forderung.
Zu 3.) MR sind auch demokratische Mitwirkungsrechte, sie sind aber nicht durch Waffengewalt durchzusetzen.Der Bürger ist durch die MR ein Rechtsunterworfener, aber auch ein Berechtigter. MR sind einklagbar, sie finden aber ihre Grenzen, wo die Freiheit der andern beginnt. Religionsfreiheit war für Puritaner sehr wichtig, in Europa aber, wie schon festgestellt, staatlich eingegrenzt. Die Sekten zogen nach Amerika, … so dass Huntington die weltweiten Religionskriege als unvermeidlich betrachte … aber die europäische Erfahrung ist eine andere: Durch MR kann auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung eingewirkt werden. Religion geniesst bis zu jenem Grade die Freiheit, bis sie selbst die Freiheit anderer begrenzt und so den öffentlichen Frieden gefährden kann.
Nach Handnotizen des Vortrages zusammengefasst durch: Werner Gallusser, Basel, 29. Aug. 2007
Hier noch ein kleiner Nachtrag von sml …
… Frau Dr. Dr. h.c. Gret Haller …
… Prof. Dr. em. Werner Gallusser kann man stundenlang zuhören …
… Zuhören, eine Kunst die er perfekt kann …