In einem Bivio, das italienisch, deutsch, romanisch, bregagliott (das Idiom des benachbarten Bergells) spricht, die gleiche Aussage einmal so und dann anders klingt, d.h. sich eine natürliche Notwendigkeit ergeben hat, Identität sich dual, statt bestenfalls einzig binär vorzustellen, mögen sich Spuren auch von dem erhalten haben, was in der Geschichte geschah, als die Sprache sich des Glaubens bemächtigte, ihn schriftlich fixierte, disziplinierte, Freiheit des Denkens, Inhalte von Freiheit des Glaubens forcierte?
Mehrsprachigkeit lenkt Aufmerksamkeit darauf, dass Menschen dazu bestimmt sind, ihre (Sprach-) Möglichkeiten, Aussagen, Chancen nach bester Kraft und in aller Willens- & Glaubensfreiheit auszuschöpfen, weil wir ja nicht frei sind, nicht zu wollen (John Locke), und doch uns im Glauben in einer Sphäre absoluter Freiheit bewegen, die sich mit Skepsis verbindet, ein (Selbst-)Sicherheitsproblem birgt. Glaubensfreiheit verlangt so nach einer natürlichen Verpflichtung, für die Freiheit des Glaubens als des individuellen Zugangs zu Gott zu pro-testieren (lateinisch pro, für, testare, zeugen), wenn wir schon nicht darin nicht frei sind, nicht zu wollen. Was denn also sollen, um frei zu sein: Wir ‚Kultur-Protestanten’ wissen darum, dass Religion wie Kultur eine Frage des kontrollierten Gebrauchs von Freiheit an einem Zwei-Weg mit Rechten und Pflichten nach einem liberalen secret and tacit consent (J. Locke), der in lokalisierbar, in Irdigkeit er-örterbar in Reflexion und Aktion statt Deklaration ist: Mehrsprachigkeit als ein Mehr an Sprache, als Mehr als Sprache bzw. ihre schriftliche Fixierung selbst in ‚Heiligen Schriften’, insoweit sie Vormacht vor natürlichen Verpflichtungen in der Sorge um den religiösen Frieden, der sich ‚mit historischer Begründung’ einzig aus einem Wissen um Erbarmen speist, für sich beanspruchen?
Bi-vios als anthropologisch-archetypische Entscheidungssituationen bedingen Vorrangregeln. Die Synode wird die Situation, in der sie darzustellen und für jedermanns freien Glaubensentscheid herzustellen sind, keineswegs nochmals, d.h. über die ‚Kanones’ des Alten & Neuen Testamens hinaus, kanonisieren wollen, damit der Glaube sich mehrsprachig-mannigfach frei zu artikulieren hat, Verkündigen des Gotteswortes über das Wortwörtliche hinaus zu erfolgen hat, welches das mehrsprachige Glauben zum Schweigen brachte, indem es das Aussagbare als geschlossnes System erklärte und keineswegs einzig über einzelne Aussagen entschied oder auch verbot. Das Aussagbare selbst, etwa in den Menschenrechten & -pflichten ist – analog zum Archiv – in seiner Aktualität keineswegs zu umreissen. Würde man das versuchen, müsste der Ort ausgemacht werden, von dem aus es zu umschreiben wäre. Bivio als wechselseitiger Durchgang kommt hierfür keinesfalls infrage, ein Bi-Vio ist überall, und in und an ihm kann alles stattfinden, doch in Bivio als alles als das Eine in allem, indem es hier mehrsprachig zu denken, fast schon an es als an den als einen (neustamentlichen) nicht selbst-verständlichen sondern mehrsprachig-dialogswilligen einen väterlichen statt (alttestamentlich) einsamen Gott einer prekären Schöpfung zu glauben ist.