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USR III und die Kirchen. Ein Argumentarium aus liberaler Sicht

Grösste Steuererleichterung in der Geschichte der Schweiz

Die Unternehmenssteuerreform III ist eine der grössten Steuererleichterungen für die bislang ordentlich besteuerten juristischen Personen, welche die Schweiz je gesehen hat. Der Anlass für die USR III ist ein gerechter: Bisher privilegierte Firmen sollen gleich behandelt werden wie alle Firmen in der Schweiz. Das ist gut und richtig so. Nur werden die bisher bevorzugten Firmen nicht einfach so viel bezahlen müssen, wie alle anderen zuvor. Sondern alle werden weniger bezahlen müssen. Die Umsetzung der USR III ist so verheerend. Es stellen sich grundsätzliche Fragen: Welches sind die empirischen und politischen Argumente für die USR III? Was sind die sozialethischen Folgen? Was bedeutet dies für die Landeskirchen? Und welche Strategien sollen die kirchlichen Organe (SEK; Kirchenrat, Kirchgemeinden, Pfarrvereine und Pfarrkapitel, Diakonatskapitel, MusikerInnen, Verbände von kirchlichen Mitarbeitenden, etc.) einnehmen?

Politisches Argument: „Wir müssen uns gegen unten anpassen“.

Es ist unbestritten, dass das Steuersystem angepasst werden muss. „Nichtstun wäre noch viel gravierender“ sagt der Steuerexperte Peter Uebelhart in der NZZ[1]. Der Wegfall der bisherigen Privilegien ist zwingend, da so Steuerausfälle in den Ursprungsländern entstanden sind. Es ist daher nachvollziehbar, dass die OECD auf die Einhaltung von internationalen Standards pocht. Die Schweiz ist wohl zu Recht ins Visier geraten, da das internationale Ziel der Vermeidung von base erosion and profit shifting (Beps) für alle Beteiligten sinnvoll ist. Es stellt sich nun die Frage, ob die vom Bundesparlament gewählten Instrumente sinnvoll sind. Wird hier der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben?[2]

Politisch-ökonomisches Argument: „Die Firmen ziehen ab“

Das Hauptargument für eine Nicht-Hinaufsetzung der bisher privilegierten Firmen auf das Niveau, das alle anderen Firmen im bisher unbestrittenen Konsens zahlen, heisst, dass die bis anhin bevorzugten Firmen sonst ins Ausland abziehen würden. Das glaubt etwa CVP-Nationalrat Leo Müller.[3] Hier stellt sich die Frage, ob dieses Argument ethisch stringent ist. Dies ist es nicht. Zu sagen: „Wenn ihr uns andere Regeln gebt, dann gehen wir“ ist kein ethisches Argument. Selbstverständlich besteht das Recht zu gehen. Die Frage ist, ob sich der Gesetzgeber von diesem Argument beeinflussen lassen darf. Damit übernähmen die Unternehmungen eine Stellung, die ihnen im Staatsgefüge nicht zukommt. Gesetzgebung ist Sache der gewählten Repräsentanten.

Ob die Steuern gerecht sind oder nicht, hängt nicht davon ab, ob eine Firma sie bezahlen will oder nicht, ob sie drohen, wegzuziehen oder nicht. Sondern, ob sie für soziale Gerechtigkeit und Ausgleich sorgen oder eben nicht. Wenn Firmen wie Glencore, Apple und Amazon ihre Steuern global versteckt haben, so wächst nun Widerstand. Die ethische Frage der Steuergerechtigkeit wird gestellt. So titelt das Wirtschaftsmagazin Bilanz: „Steuern: Am Fiskus vorbei. Sie minimieren trickreich ihre Steuerlast: Apple, ­Amazon, Glencore und andere multinationale Konzerne. Doch nun wächst der Widerstand. Steuergerechtigkeit wird zum Wahlkampfthema.“[4]

Wegzug wohin? Dekonstruktion eines Mythos

Lassen wir den Mythos, dass Firmen aus der Schweiz abziehen würden, für einen Moment als wahr erscheinen. Stellen wir uns die Frage, wohin denn diese Firmen ziehen wollten. So sagt Herr Uebelhart zu recht: „Man muss sich bewusst sein, dass die Schweiz ein solches Steuergesetz heute nicht mehr in Isolation schreibt, sondern unter enger Beobachtung der OECD“[5]. Wie das Beispiel von Apple in Irland zeigt[6], will die OECD, dass in Zukunft global dort die Steuern bezahlt werden, wo gearbeitet, geforscht, produziert wird. Mittel- und langfristig sind also alle Länder angehalten, Steuergerechtigkeit umzusetzen. Wer trotzdem in eine kleine Steueroase irgendwohin in der Welt ziehen will, hat zwangsweise etwas zu verstecken und muss sich die Frage stellen lassen, was denn. Ob dies dem Image der Firma zuträglich ist, mag bezweifelt werden.

Steuern nur Faktor an siebter Stelle

Kommt dazu, dass die Steuern nur ein untergeordneter Faktor (Rang sieben) von vielen Standortfaktoren sind. Wichtig sind Rechtssicherheit, öffentlicher Verkehr, Schulwesen, Gesundheitswesen, Kultur, liberale Religionsausübung etc. Bei einer Umsetzung der USR III entgehen der öffentlichen Hand, und den Kirchen, jedoch genau für diese Aufgaben grosse Mittel.

Fakt ist: Firmen investieren und bleiben

Hier gilt es ruhig festzustellen: entgegen der unablässig widerholten Drohung, Firmen würde abwandern, wollen grosse Firmen gar nicht wegziehen. Im Gegenteil: Sie investieren in die Zukunft. So berichtet Stadtrat Daniel Leupi: „Trotz der im kantonalen Vergleich überdurchschnittlich hohen steuerlichen Belastung boomt die Wirtschaft. Firmen wie Swiss Re, UBS, CS oder die Zurich haben in den letzten Jahren Hunderte von Millionen in Neu- und Ausbauten ihrer Hauptsitze in Zürich gesteckt. Ein klares Bekenntnis zum Standort Zürich – unabhängig vom Steuerfuss“. Dies gilt es im Kopf zu behalten, wenn allenfalls Kirchen vorgeworfen würden, bei ihrer Unterstützung des Referendums gegen die USR III, sie wären „gegen die Wirtschaft“ und „für die Zerstörung von Arbeitsplätzen“[7].

Mythos: „Firmen kommen“ – Einnahmen steigen“. Beides ein Misserfolg

Das schon erwähnte Hauptargument für die USR III wird mit einem weitere verbunden: „Wir müssen etwas tun, damit Firmen nicht abziehen. Und wir müssen schauen, dass neue Firmen herziehen. Es wird zwar eine kurze Baisse der Steuereinnahmen geben. Der Zuzug von Firmen wird den Ausfall mittelfristig ausgleichen, schliesslich sogar übertreffen“. Beide Argumente bedienen einen neoliberalen Mythos, den es mit aller Klarheit und Faktenschärfe zu dekonstruieren gilt.

Der Kanton Luzern hat die Unternehmensgewinnsteuer im Jahr 2012 auf 12 Prozent gesenkt.[8] Die Steuereinnahmen entwickelten sich nicht wie erwünscht: „2011, vor der Steuersenkung, betrugen sie 141 Millionen Franken, danach 94 Millionen (2012), 114 Millionen Franken (2013), 110 Millionen (2014) und 93,9 Millionen im letzten Jahr.“ Die Folge davon war ein fataler Sparkurs: „Zwangsferien für 20’000 Luzerner Schüler, die landesweit höchsten Schulgelder für Mittelschüler oder die neue, komplett von Firmen finanzierte Wirtschaftsfakultät. Obwohl Luzern bereits 200 Millionen Franken eingespart hat, fehlen in den kommenden drei Jahren rund 330 Millionen Franken.“ Wirtschaftsprofessor Marius Brülhart von der Uni Lausanne analysiert: «Aus der Warte der Steuereinnahmen handelt es sich um einen ziemlich klaren Misserfolg. Was die öffentlichen Einnahmen betrifft, wäre der Kanton wohl am besten gefahren, wenn er die Unternehmenssteuern überhaupt nicht gesenkt hätte.»[9] Diese Einsicht wiederholte Professor Brülhart im Tages-Anzeiger vom 8. Oktober[1]. Es habe zwar Firmenzuzüge und somit Zusatzeinnahmen bei den Einkommenssteuern gegeben, aber diese vermochten die Ausfälle bei den Steuern und beim Finanzausgleich nicht wettzumachen.

Kein Mythos, sondern Fakt: Ausfall zahlt Mittelstand

Was hingegen Fakt ist, ist, dass der Mittelstand und die Stadt Luzern die Zeche bezahlen: Höhere Schulgelder und Zwangsferien. Genau dieser Mechanismus droht bei der Einführung der USR III: entweder werden Leistungen wie für Schulen, Spitäler und öffentlicher Verkehr gestrichen. Oder die Steuern für natürliche Personen steigen. Das heisst: die Städte und die Gemeinden bezahlen die Zeche. Und die Kirchen.

Steuern in den wirtschaftsliberalen USA bis 40 Prozent

Ein Argument für die USR III ist, dass behauptet wird, dass die Steuerlast in der Schweiz für Firmen hoch sei. Dies ist schlicht nicht richtig. So besteuern die USA in Kalifornien Unternehmen bei 39 Prozent: „Tatsächlich besteuern weltweit nur gerade die Vereinigten Arabischen Emirate (55%) und Tschad (40%) die Einnahmen von Unternehmen stärker als die USA, wie eine Analyse des Think-Tanks Tax Foundation zeigt.  Der Durchschnitt von 163 untersuchten Ländern beträgt derweil 22,6%. Der Schweizer Satz liegt laut OECD-Daten leicht darunter bei 21%“ [10]

Auch diese Firmen „drohen“, Silikon Valley zu verlassen. Tatsache ist: kaum eine dieser Firmen hat ihren Standort verlassen. Wohin sollten sie auch gehen? Allenfalls kämen sie – nach Zürich! In die Schweiz! Hier treffen sie auf tiefe, international kompetitive 21 % Steuerlast. Hier treffen sie auf eine anerkannt sehr gute Infrastruktur und Kultur, welche Zürich, welche die Schweiz, dank fairen und gerechten Steuern, der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Auch durch den Beitrag, den die Firmen mit ihren Steuern verdankenswerter- und gerechterweise beitragen.

Wohin gehen die verschenkten Gelder? Mehrheitlich ins Ausland

Sozialethisch ist von grosser Bedeutung, wohin die nicht mehr eingeforderten Steuer-Milliarden mit den Mitnahmeeffekten wandern. Die schlichte Antwort lautet: Der grösste Teil geht direkt ins Ausland. Die grossen Firmen in der Schweiz sind zwischen 50 bis 70 Prozent in der Hand eines ausländischen Aktionariates[11]. Die eingesparten Steuern erhöhen direkt den Gewinn dieser Firmen und damit deren Möglichkeit, Dividenden auszuschütten. Die Dividenden wandern also zu 50 bis 70 Prozent sogleich ins Ausland. Der Lausanner Wirtschaftsprofessor Marius Brülhart sagt dazu: „Übers Ganze gesehen ist davon auszugehen, dass die USR III eine leichte Umverteilung der Steuerlast von oben nach unten nach sich ziehen wird – denn entlastet werden in erster Linie Aktionäre grosser und rentabler Firmen.“[12] Leicht? 15 bis 20 Millionen für die Zürcher Landeskirche? 200 bis 300 Millionen für die Stadt Zürich?

„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist.“ Eine Frage der Steuergerechtigkeit

Ein Ziel einer nachhaltigen Steuerpolitik sollte die Gleichbehandlung aller Branchen sein. Es ist nicht einzusehen, weshalb gewisse Branchen (z.B. neu der IT-Bereich) ihre Erträge von bis zu 90% von der Besteuerung ausnehmen können sollen, während andere Branchen vollumfänglich besteuert werden. Insofern gilt es ernsthaft zu bedenken, ob irgendwelche Steuern gesenkt werden sollen. Wie schon erwähnt: Die Schweiz ist mit 21 % leicht unter dem Durchschnitt von 163 Ländern. Ethisch kann selbstbewusst vertreten werden: „Die Unternehmensgewinnsteuern sind gerecht. Sie tragen zu einem liberalen und funktionierenden Staat bei. Sie müssen von allen Unternehmen ohne Ausnahme bezahlt werden. Die Unternehmen tragen damit zu einem rechtstaatlich stabilen und verlässlichen Staat bei, von dem die Unternehmen selbst wieder profitieren.“ Dass diese Argumentation auch langsam in den USA greift (mit Steuersätzen bis 39%), wurde oben schon erwähnt (siehe Artikel Bilanz.)

Folgen für den Kanton Zürich

Die USR III bedeutet für den Kanton Zürich das historisch grösste Steuergeschenk an die juristischen Personen. Bis zu einer Milliarde Franken jährlich werden dem Kanton und den Gemeinden wahrscheinlich fehlen. Diese Zahlen sind zwar noch nicht erhärtet und beruhen auf den Aussagen von Daniel Leupi in der NZZ. fehl Dies ist vor allem dem sogenannten „Mitnahmeeffekt“ geschuldet. Firmen, die bis anhin gar nicht von Steuervergünstigungen betroffen waren, kommen nun auf einen Schlag ebenso Steuervergünstigungen. Der Zürcher SVP Regierungsrat sagt dazu: „Der Mitnahmeeffekt ist unbestritten gross. […] Niemand gibt gern so viel Geld her“.

Den finanziellen Ausfall für den Kanton Zürich wird Stadtzürcher Finanzvorstand für die Stadt Zürich auf 300 Millionen Franken geschätzt. Regierungsrat Stocker hält diese Zahl für übertrieben, hat bis jetzt jedoch noch keine Zahlen genannt. Fest steht aber für beide: Den Ausfall müssen vor allem die Gemeinden und die Städte bezahlen. Bei ihnen fallen mindestens ein Viertel der Steuern von juristischen Personen weg. Dies ist dem schon genannten „Mitnahmeeffekt“ geschuldet.

Auch Gemeinden und Konferenz der städtischen Finanzdirektoren dagegen

Der Verband der Gemeindepräsidenten im Kanton Zürich, der weitgehend von bürgerlichen Politikern geführt wird, wehrt sich deshalb gegen diese Steuerausfälle[13]. Sie sagen, dass ihnen so nur zwei Möglichkeiten bleiben: Entweder die Steuern für die natürlichen Personen erhöhen, oder die Leistungen kürzen. Dasselbe gilt für die Städte. „Die Konferenz der städtischen Finanzdirektoren ist bürgerlich dominiert – und sagt Nein zur USR III“[14]. So titelt ein Beitrag auf SRF. Die Einsicht setzt sich durch, dass die Städte, wie die Gemeinden, die Hauptlast der Kürzungen tragen müssen, und dies unabhängig davon, welche politische Ausrichtung die jeweilige Stadtregierung hat. Und wo bleiben die Kirchen?

Folgen für die Landeskirchen: grosse Verluste bei Diakonie und Kultur

Bei all diesen Argumenten ist nun von Seite Landeskirchen zu tiefst zu bedauern, dass sie bis jetzt kaum in den Blickwinkel der Argumentationen gekommen sind. Denn sie sitzen im gleichen Boot wie die politischen Gemeinden. Den Landeskirchen im Kanton Zürich zum Beispiel wird, mit einem Schlag, mindestens ein Viertel ihrer Steuern von juristischen Personen wegfallen. Der Stadtverband der Reformierten Kirchen in Zürich rechnet mit einem Rückgang von 8 bis 10 Millionen Franken[15]. Die Landeskirche des Kantons Zürich rechnet insgesamt mit 15 bis 20 Millionen Franken[16]. Da diese Steuern nicht für Kultuszwecke, sondern nur für diakonische und kulturelle Zwecke verwendet werden dürfen, trifft der immense Ausfall vor allem die Schwachen in der Gesellschaft. Es sind deshalb vor allem die diakonischen Aufgaben, welche die Kirchen für die Allgemeinheit ausführen, gefährdet: Familienarbeit, Jugendintegration, Flüchtlingsarbeit, Betreuung in Altersheim, Spitalseelsorge, Notfallseelsorge, Besuchsdienste, Beratungszentren, etc. Ebenso werden unweigerlich die vielfältigen kulturellen Angebote überproportional unter der USR III leiden müssen. Zudem muss überdacht werden, ob Kirchen „geschlossen oder verlottern gelassen“ werden sollen.[17]

Mit Spareffekten nicht auszugleichen

All diese Kürzungen können mit Sparanstrengungen niemals aufgefangen werden. Auch den Kirchgemeinden bleiben so nur die beiden Möglichkeiten, wie sie den Gemeinden und Städten bleiben: Steuererhöhung oder Leistungsabbau. Da Steuererhöhung alle natürlichen Personen betreffen, kann mit Fug und Recht gesagt werden: Die Zeche zahlt der einfache Bürger, das normale Kirchenmitglied.

Welche Strategien für die Kirchen?

Die Kirchen sind leider noch kaum in den Blick als Leidtragende der Umverteilung der USR III gekommen. Weder im Gespräch zwischen Stadtrat Leupi und Regierungsrat Stocker wurden von den Konsequenzen für die Kirchen gesprochen. Auch im neuesten Bericht im Tages-Anzeiger vom 6. Oktober über die USR III[18], werden die Kirchen von keiner Partei mit einem Wort erwähnt. So stellt sich die Frage der Strategien, welche sie anwenden sollen. Kirchgemeinden und Kantonalkirchen sind sich nicht gewohnt, in Fragen der Bundespolitik Stellung zu nehmen. Die Gefahr dabei ist, dass man sich den Schwarzen Peter gegenseitig zu schiebt. Hier muss aber für alle Stufen der Kirchen gelten: „Niemand wird es für die Kirchen richten“[19].

Kirchen leider noch kaum im Blick

Bis jetzt wurden den Kirchen im Kanton Zürich keine Ausgleichszahlungen vorgeschlagen. Anders in Bern: Dort hat der Regierungsrat gesehen, dass die Kirchen sehr unter den Abstrichen zu leiden hätten, und hat einen Ausgleich vorgeschlagen[20]. Diese werden jedoch bei weitem nicht die Verluste decken. Immerhin wurde dort mit den Kirchen buchstäblich gerechnet. Biel würde ein Viertel seines Budgets verlieren. Deshalb unterstützt Biel das Referendum.

Ein Teufelskreis: direkte Kantonsbeiträge

Die Kirchen müssen, zumindest im Kanton Zürich, noch mit einer weiteren Senkung rechnen: die direkten Kantonsbeiträge an die Landeskirchen. Die sind bekanntlich abhängig von den neu gemessenen und erhobenen Leistungen in Diakonie und Kultur. Sinken diese Leistung infolge der USR III, sinken auch die erhobenen und gemessenen Leistungen. Sinken diese, so sinken auch die Kantonsbeiträge. Ein Teufelskreis, der nur die Kirchen betrifft!

Froh und dankbar um Steuern? – Ja! Behalten wir es bei!

Eine Strategie des „vorauseilenden Gehorsams“ ist die Haltung, dass die Kirchen doch, bitte schön, dankbar für die Kirchensteuern der juristischen Personen sind und bleiben sollen. So sagt der Synodalratspräsident von Basel Land, Martin Stingelin, die Lust der Kirche sei klein, sich gegen die USR III zu stellen, „in erster Linie weil wir froh und dankbar sind für die Beiträge der juristischen Personen“[21]. Dankbar sind selbstverständlich alle Kirchen. Die Steuern, die nun gesenkt werden, waren aber gar nie in Frage gestellt worden. Alle sahen und sehen den Sinn der Steuern ein. Ethisch muss argumentiert werden: „Ja, auch wir Kirchen sind dankbar für diese wichtigen Steuern. Räumen wir deshalb alle ungerechten Privilegien aus, und halten wir an diesen Steuern für alle fest. Sie tragen für das Allgemeinwohl bei.“

Kein Öl ins Feuer? Kontraproduktiv? – Selbstbewusst hin- und einstehen!

Eine weitere kirchliche Strategie schenkt vorsichtigen Stimmen innerhalb der Landeskirchen Gehör, die sich vor einer klaren Stellungnahme gegen die jetzt USR III scheuen. So meint Daniel Kosch, Geschäftsführer der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz, dass ein Engagement der Kirchen „kontraproduktiv“ sei. Das habe eine Mitgliederbefragung gezeigt. Es gehe den Kirchen da nur um sich selbst. Diese Strategie ist gefährlich. Denn: entweder geht es wirklich um einen Zehntel bis einen Viertel der Gelder der Kirchen. Dann sollen die das sagen dürfen und müssen. Oder aber sie sagen nichts. Damit geben sie ein Zeichen, dass es „schon irgendwie gehe“ und „auch die Kirchen ihren Beitrag entrichten müssten“. Dann kann und muss aber nachgefragt werden: „Wenn es ohne diesen Zehntel bis einen Viertel weniger im Budget geht, warum wartet ihr auf die USR III und spart nicht schon jetzt?“ Wenn die Kirchen nicht selbstbewusst, wie die politischen Gemeinden, hin stehen und ihre Verluste benennen können und dürfen, dann haben sie in dieser Debatte von Beginn weg verloren. So hätten sie dann wirklich selbst Öl ins Steuersenkungsfeuer gegossen.

Im selben Boot wie die politischen Gemeinden

Dass mit den Kirchen kaum je das Gespräch gesucht wurde, zeigt, dass auch sie im gleichen Boot wie die Gemeinden sitzen. Diese beklagen ihren Nichteinbezug. So sagt FDP Nationalrat Kurt Fluri, Präsident des Schweizerischen Städteverbandes: «Es wurde geradezu hochnäsig auf die Hierarchie zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden verwiesen. Es wurde gesagt, es sei Sache der Kantone, die Gemeinden zu berücksichtigen“[22]. Das gilt auch für die Kirchen: sie wurden (noch) kaum berücksichtig. Eine Strategie kann deshalb sein, nun das Gespräch mit den Kantonen zu suchen.

Fazit:

  1. Kirchgemeinden, Kantonalkirchen und der Kirchenbund sollten […] das Referendum gegen die USR III unterstützen“ rät Matthias Böhni[23]. Denn sie sind, noch mehr als die politischen Gemeinden, die grossen Verliererinnen in dieser geschichtlich grössten Umverteilung, welche die Schweiz je gesehen haben wird.
  2. Umgekehrt würde ein kirchliches stillschweigendes Akzeptieren dieser Umverteilung von Steuergeldern ins Ausland das Signal aussenden, dass die Kirchen sparen könnten. Dieses Signal wäre fatal und selbszerstörend. Aus Angst davor, dass es denn Kirchen selbst nur um den Mammon ginge, verteidigen sie nicht die liberal anerkannte gute Wirkung von sinnvoll eingesetztem Mammon und Geld. Das ist entweder feige oder dumm. Oder aber man verfällt so wirklich dem Mammon. Gott bewahre.
  3. Die Angst vor einer Diskussion um den Beitrag der juristischen Steuer an die Kirchensteuern ist unbegründet. Das Zürcher Stimmvolk hat eine entsprechende Vorlage der Jungliberalen vor zwei Jahren abgelehnt. Die Mehrheit ist einverstanden, dass die Firmen auch auf diese Art ihren Beitrag an die Allgemeinheit leisten. Alle Argumente der kirchlichen Kampagne „Sorge tragen“ gelten gerade und vor allem hier.
  4. Auch Landeskirchen und Kirchgemeinden, die nicht direkt betroffen sind, sollten sich in Solidarität mit den stark betroffenen Kirchen zeigen.
  5. Die geschichtlich grösste Umverteilung von unten nach oben und vom Inland ins Ausland wird hauptsächlich von den politischen Gemeinden, den Städten – und den Kirchen getragen. Damit zahlen die Schwächsten der Gesellschaft, für welche die Kirchen mit ihrem Wächteramt seit je eintreten, die Zeche. Das ursprüngliche, ethisch sinnvolle Ziel gegen das BEPS, das base erosion and profit shifting, wird in sein Gegenteil verkehrt. Der Teufel wird mit dem Beelzebub ausgetrieben. Das angebotene Mittel gegen das BEPS erzeugt eine dramatische Erosion an der Basis. Und der Profit wird ins Ausland verschifft. Das ist sozialethisch und liberal schlicht untragbar.

Mit der Annahme des Referendums müssen der Nationalrat und der Ständerat nochmals über die liberal-sozialethischen Bücher. So könnten sie von Beginn weg auch die Kirchen in den Blick nehmen. So kann die sozialethisch entscheidende Frage neu gestellt werden, wer die Zeche bezahlen wird. Oder ob notwendige Steuergerechtigkeit nicht mit einer Reform gelöst werden kann, in der nicht die Schwächsten die Zeche bezahlen müssen.

Pfarrer Res Peter

Präsident prolibref Zürich, Zürcher Verein für freies Christentum
Vorstandsmitglied libref Schweiz

Zürich, 6. Oktober 2016

[1] NZZ vom 27. Juni 2016, siehe http://www.nzz.ch/zuerich/aktuell/unternehmenssteuerreform-iii-in-zuerich-nichtstun-waere-noch-viel-gravierender-ld.91782

[2] Siehe Denknetz, Unternehmenssteuerreform III: Die Austreibung des Teufels mit dem Belzebub: Denknetz, Jahrbuch 2014, 197–205. http://www.denknetz-online.ch/sites/default/files/baumann-unternehmenssteuerniii-jahrbuch_denknetz_14-14.pdf

[3] Siehe den Beitrag auf SRF:

http://www.srf.ch/news/schweiz/unternehmenssteuerreform-iii-kirchen-bangen-um-pfruende

[4] Bilanz, 19. 5. 2012. http://www.bilanz.ch/unternehmen/steuern-am-fiskus-vorbei

[5] NZZ vom 27. Juni.

[6] Die Zeit, 2. 9. 2016. Siehe http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-09/wolfgang-schaeuble-finanzminister-steuernachzahlung-apple-irland-eu-kommission

[7] NZZ vom 2. September 2016. Siehe http://www.nzz.ch/zuerich/aktuell/unternehmenssteuerreform-iii-so-viel-geld-gibt-niemand-gerne-her-ld.114344

[8] Tages Anzeiger vom 5. September 2016, siehe http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Der-bange-Blick-nach-Luzern/story/23217872

[9] Ebd.

[10] NZZ vom 3. 9. 2014. Siehe http://www.nzz.ch/wirtschaft/us-firmen-auf-der-flucht-1.18375822

[11] Diese Angaben sind seit dem 1. Januar 2016 und dem Schweizer Finanzmarktinfrastrukturgesetz öffentlich. Sie können in Kleinarbeit zusammengetragen werden. So findet man auf der Homepage der UBS folgende Angaben: 18, 4 % Prozent der Aktien sind in Schweizer Hand. 81,6 Prozent in sind in ausländischer Hand. Das heisst, die Dividenden der Aktien der UBS fliessen zu 81, 6 Prozent ins Ausland. Siehe https://www.ubs.com/global/de/about_ubs/investor_relations/share_information/shareholder_details/distribution.html#par_title_2

[12] Michael Soukup und Stefan Häne: „SP fordert Kompensation für Steuerausfälle“ Tages-Anzeiger, 6. Oktober 2016, S. 8. Siehe http://www.tagesanzeiger.ch/zeitungen/linke-wollen-gegengeschaeft/story/21253424

[13] „Die Befürchtungen von Städten und Gemeinden bewahrheiten sich. Unternehmenssteuerreform III (USR III) im Kanton Zürich: Steuerausfälle von 400 Millionen für Städte und Gemeinden zu erwarten“ Verband der Gemeindepräsidenten des Kantons Zürich, Medienmitteilung vom 26. Juni 2016. siehe http://www.gpvzh.ch/dl.php/de/57752b10e0ee4/16_06_30_-_USR_III_-_MM_DEF.pdf

[14] http://m.srf.ch/news/schweiz/ein-ausdruck-der-geringschaetzung

[15] Matthias Böhni: „Warum die Kirchen das Kürzel «USR III» kennen sollten“, ref.ch vom 19. September, https://www.ref.ch/gesellschaft-politik/warum-die-kirchen-das-kuerzel-usr-iii-kennen-sollten/. Vgl. Matthias Böhni: „Und wer bezahlt die Zeche“, bref Nr. 18/ 30. September 2016, S. 20-22

[16] So der Zürcher Kirchenratspräsident Michel Müller im Interview mit Radio SFR am 16. September 2016 im Beitrag von Gaudenz Wacker „USR III – Besorgnis bei Landeskirchen“. Siehe http://www.srf.ch/news/schweiz/unternehmenssteuerreform-iii-kirchen-bangen-um-pfruende.

[17] Ebd.

[18] Michael Soukup und Stefan Häne: „SP fordert Kompensation für Steuerausfälle“ Tages-Anzeiger, 6. Oktober 2016, S. 8. Siehe http://www.tagesanzeiger.ch/zeitungen/linke-wollen-gegengeschaeft/story/21253424

[19] Matthias Böhni: „Zögern ist fehl am Platz“, bref Nr. 18/ 30. September 2016, S. 20

[20] So Reto Burren von der Finanzdirektion des Kantons Bern im Beitrag von Gaudenz Wacker (a.a. O.) Ebenso M. Böhni, ref.ch vom 19. September, a.a.O.

[21] Ebd.

[22] http://m.srf.ch/news/schweiz/ein-ausdruck-der-geringschaetzung

[23] „Zögern ist fehl am Platz“, Kommentar von Matthias Böhni, bref Nr. 18/ 30. September 2016, S. 21.

«Zögern ist fehl am Platz» USR III und die Kirchen

Die Unternehmenssteuerreform III, kurz USR III, ist die grösste Umverteilung von unten nach oben, und vom Inland ins Ausland, welche die Schweiz je gesehen hat. Bezahlen werden es die politischen Gemeinden, die Städte – und die Kirchen. Und, mit ihnen, die Schwächsten der Gesellschaft. Das kann nicht liberal sein.

Die Unternehmenssteuerreform III (wir haben hier schon berichtet) wird die Landeskirchen vor grösste Probleme stellen. Ihnen gehen bis zu einem Drittel der Steuern juristischer Personen verloren. Und dies wohlgemerkt im Bereich, wo die Kirchen für die Allgemeinheit, «diakonisch» helfend, und kulturell eintreten.

Der Journalist Matthias Böhni schreibt deshalb in seinem Kommentar in href. Das Magazin der Reformierten: «Zögern ist fehl am Platz. … Niemand wird es für die Kirchen richten. .. Kirchgemeinden, Landeskirchen und der Schweizerische Evangelische Kirchenbund sollten das Referendum gegen die USR III unterstützen».  Lesen sie hier seinen Beitrag und seinen Kommentar. Eine Kurzversion mit dem Titel «Warum die Kirchen das Kürzel USR III kennen sollten» finden Sie hier auf ref.ch.

Also, die Kirchen, gerade auch die liberalen Vertreterinnen und -aussen, sollten unbedingt die USR III und ihre Folgen für die Kirchen kennen.

 

Adieu Genève

Unsere Genfer Sektion hat die Auflösung beschlossen – ein Mail von Jean-Claude Cantieni.

«Liebe Freunde
Unser welsches Vorstandsmitglied André Arn benachrichtigt, dass seine Genfer Sektion, deren Präsident er ist,  an einer ausserordentlichen Generalkonferenz vom 23. August a.c. beschloss, sich aufzulösen. Fr. 25’000.—  seien aus dem Vermögen derUnion libéral pour le protestantisme libref.CH zugesprochen. Die ‚Kapitulation‘ bedrückt,  weil Rückschlüsse auf unser eignes Engagement  nächste sind,  und doch bleibt Bonhoeffers zu gedenken: Widerstand und Ergebung, eine protestantische Tugend.
Wir selber haben uns mutmasslich vorzuhalten, dass wir zu isoliert, um nicht zu sagen, elitär,  uns von den Menschen entfernt haben. Ein Artikel im aktuellen ‚Liberté et ‚Evangile‘  moniert, die Zeit sei vorbei, eine Elite zu dopen, wie das in restaurativen katholischen Kreisen exponentiell geschieht, und angesagt sei, die Menschen aufzuwühlen (secouer, durchschütteln, protestieren, kritisieren).  In unsrer Churer Sektion sprechen wir so davon, die Fünfhundertjahrfeier der Reformation ‚in Stein zu meisseln‘, indem wir Jung und Alt zusammenrufen, um eine daraus zufällige Gruppe mit Meisseln auszustatten, die einen Gedenkstein gestaltet, der ins Erdreich des Comanderkirchenareals einzufügen sein wird. Ein zweiter Zwingli, wie er sich auf sein Schwert vor der Wasserkirche in Zürich stützt, solls kaum werden. Gefragt ist nach dem ‚Imago‘ des Reformators, der als Comander auch comander in chief war. Die alten Griechen zeichneten ihre Verstorbnen als ‚Eidolon›, daraus unser Wort Idee herrührt.
Das Wortspiel zwischen hunter französich und englisch (to) hunter, das sich verwandt ausspricht, mag für einmal dank der Wichtigkeit der Sache gestattet sein;  Die – negative – Klimax der protestantischen Kirche (nicht des Protestantismus), die sich in unserer Generation auf eine bald zu kleine Minderheit unter lauter Minderheiten als ehemalige Mehrheitskonfession zurückgeworfen sieht, und uns deshalb irritiert (frzs. hanter),  und englisch hunter (for) will dahin verstanden sein, dass ein laues ‚laisser faire‘  es zu meistern gilt (welsche Tageszeitung Le Temps, 23. Juni 2015, , http://letemps.ch/suisse/2015/06/19 inexorable-declin eglise-protestante). Wir Leute zählen, was der Déclin’ zu sagen hat, und was wir trachten, mit unserer Laien-Steinmetzarbeit zur Reformationsfeier in Chur hervorzuheben, so die Initiative durchschlägt, was, aufs Lokale herunter gebrochen, als Monieren, Protestieren der Leute verstanden sein will, indem Kirchenrat der Stadt und Kantonskirche sich hartnäckig destruktiv befehden;  Zusammenhören von hanter und hunter ist dekonstruktivistisch angesagt. W i r  sind die Schärfe des Salzes, das seine vorrangige Rolle unter den Menschen im Würzen des täglichen Mahls hat.  Unsere Gründerväter haben den Menschen das freie Bekenntnis delegiert, es vom Gedanken des Rechtfertigens in einem Reizklima des Rechthabenmüssens in der Kichenobrigkeit, des Legalisierens, der Norm befreit, welche der Kirche einst vorbehalten war.  Ob diese Freiheit bei uns im Zeitalter der political bzw. religious correctness  angekommen ist, mit welcher wir Eigenverantwortlichkeit weiteres  – bis auf die Geheimdienste – delegieren?
Die Kanzel, von welcher herab das Wort Gottes erklärt wird,  gehet aufs lateinische cancellare  zurück. Der Cancellarius ist der Türsteher, der sortiert, wer in die Räume hinter den Cancellae, Gittern  einzugehn hat. Ist nicht selbst die Kanzel, eine Art Muschel, die einem geschützten Schallraume gleicht,  eher eine Art (Geheim-) Loge denn ein speakerscorner? Quod licet Iovi, noch licet bovi, höre ich Terenz raunen;  Was sich für einen Gott Jupiter geziemt, gebührt sich noch nicht für einen Ochsen, und doch Ver-Stehn wir diejenigen, welche ein Kirchenamt anvertraut ist, und uns selber alle als auf einer Türschwelle vor einer als religiösen, absolut freien vertikalen und horizontalen Freiheit (schon auf Erden ein taugliches Werkzeug Gottes zu sein, wie ich aus einem letzten Weihnachtsbriefe eines einheimischen Ingenieurs, Richard La Nicca, welcher u.a. auch die erste Juragewässerkorrektion durchführte, zitiere).
Herzlich,
Jean-Claude»

libref – wir schreiben den 150. Jahrgang

Im 150. Jahr melden wir uns medial zu Wort. Auf dem letzten «Schweizerisches Reformiertes Volksblatt (SRV)» stand zu lesen – 138. Jahrgang. Um das liberale landeskirchliche Sprachrohr nicht zu beerdigen, haben wir uns damals entschlossen, mit www.libref.ch nahtlos ins digitale Zeitalter umzusteigen.

Unseres Wissens gibt es im reformierten Bereich in der Schweiz nichts, das uns übertreffen würde. Anderslautende Informationen nehmen wir gerne entgegen und würden diesen zu ihrem noch langjährigeren Erfolg natürlich gratulieren. Uns gratulieren wir natürlich nicht – das können allenfalls andere machen. Aber danken möchte ich allen Vorgängern, die zum Teil ganz intensiv im SRV mitgewirkt haben und ganz speziell würde ich mich freuen, wenn aus unseren Reihen im 12. Jahrgang von libref.ch ein zusätzlicher aktiver Blogger mithelfen würde. Entschädigung zahlen wir keine – es ist einfach Freude, liberales oder besser gesagt progressives reformiertes Gedankengut zu verbreiten.

Für den ersten Beitrag im Blog haben wir eine Veranstaltung mit Bundesrat Pascal Couchepin und SEK-Präsident Thomas Wipf besucht. Bei beiden sollte es nicht das einzige Mal sein.  Dieser Bundesrat und der Flugzeugentführer Karan Singh auf einem Bild, das um die ganze Welt ging. Das haben wir meinem Freund, dem Sikhs zu verdanken, der durch seine Tat zum Tod verurteilt wurde und heute als ehemaliger politischer Flüchtling seit Jahren in der Schweiz lebt. Karan und die Sikhs nehmen wohl den zweiten Platz ein von andere Religionen über die wir berichteten.

Bei Thomas Wipf und was uns besonders freut, bei seinem Nachfolger Gottfried Locher gab es eine ganz herzliche Annäherung, eine echte religiöse Anfreundung. Einige Beiträge, die eigentlich auch zu libref passen, sind im www.finanzblog.com zu finden. Wer hätte vor acht Jahren gedacht, dass auf einem Foto mit Couchepin auch der heutige Bundespräsident Johann Schneider-Ammann zu sehen ist.

Auch den Bundespräsidenten Moritz Leuenberger haben wir zum ersten Mal in einer Kirche getroffen und durften noch einmal am Blogcamp persönlich mit ihm diskutieren. Erwähnenswert sind zwei, die gerne über Religion sprechen – Peter Bichsel und Yahay Hassan Bajwa, die intensiv zusammen in ein Gespräch vertieft sind. Peter, als Preisträger des prixlibref und Yahya, als intensiver «Zurverfügungsteller» seiner Texte, vor allem über Pakistan. Wir haben uns nie gescheut, Berichte über den gemässigten und leider auch den ungemässigten Islam, zu veröffentlichen.

Dazu werden wir uns demnächst exakter mit dem prixlibref über Karikaturen äussern. Vermutlich folgen auch einige Beiträge über Vollgeld, zum Pazifismus und vielleicht gar weitere Tests im Bereich der Quantenphysik mit verdammten Apfelhälften.

Wir wünschen Ihnen ein spannendes 2016, gute Gesundheit und dass Ihre Wünsche in Erfüllung gehen mögen.

Zum Schluss noch die letzten Zeilen aus dem TA-Magazin-Blog von Daniel Binswanger, die zum Nachdenken anregen sollen.

«Entschieden aber wird die Auseinandersetzung mit dem radikalen Islam nicht durch einen Krieg. Der Sieg über den Terrorismus wird errungen werden in den Köpfen und den Herzen. Die offene Gesellschaft wird ihn erringen. Aber einfach zufallen wird er ihr nicht.»

Graubünden – gestern und heute

Illanz hat vor rund 500 Jahren Geschichte geschrieben und Chur schreibt sie heute.

«Ilanzer Religionsstreit hatte Konsequenzen für Berns Reformation» – so lautet der Beitrag von Jan-Andrea Bernhard bei ref.ch.

DSC_8369Jan-Andrea Bernhard anlässlich unserer Synode in Bivio.

Illanz darf sich anlässlich der 500 Jahre Reformationsfeier von 2017 als offizielle Reformations-Stadt bezeichnen – nebst Basel, Genf und Zürich.

In der heutigen Zeit wird in Chur vermutlich auch Geschichte geschrieben. Über die Homosexualität. Stellungnahmen von reformierter Seite finden sie im vorletzten Blogbeitrag. Im Beobachter nehmen vier Personen aus dem Bistum Chur Stellung und kritisieren Bischof Huonder. «Der Verständnisvolle», «der Energische», «die Vorsichtige», «der Private» und aus dem Bistum Basel «die Fortschrittliche». Der Beobachter-Artikel «Viele in der Kirche leben homosexuell. Aber halt heimlich«. Diese Beobachter-Ausgabe ist nicht 500 Jahre alt – es ist die neuste Ausgabe.

Schweiz – Schweitzer – Schwei(t)zerer – am Schwei(t)zersten

Es wäre anmassend, wenn ich ausführlich über Albert Schweitzer schreiben würde, der vor genau 50 Jahren am 4. September 1965 in Lambarene, Gabun, starb.

Da kennen andere sein Lebenswerk besser. Vielfach nimmt man einflussreiche Menschen erst war, wenn sie sterben. Ich vermute, es war ein SJW, als wir in der Schule das erste Mal über und von Schweitzer gelesen haben. Für mich ist er so etwas wie der Pestalozzi für die Kranken aus Afrika.

Oft hört man, dass Schweitzer ein Schweizer war, andere Quellen erwähnen, dass er in Frankreich geboren sei. Genaugenommen war er in Kaysersberg, damals zum Deutschen Reich gehörend, auf die Welt gekommen.

Das ist eigentlich alles nebensächlich. Seine Idee muss weiterleben. Aus diesem Grunde haben wir auch auf den heutigen Tag eine kleine Spende an Médecins Sans Frontière überwiesen.

Die Schweiz steht nicht immer im Mittelpunkt, aber oft am Rande. Vor 600 Jahren endete Jan Hus, der Frühreformator, in Konstanz auf dem Scheiterhaufen. Und 100 Jahre später die Schlacht von Marignano – heute noch ein historischer Disput. Wie hätten wir auch in der Schule begreifen sollen, dass hier Weltgeschichte geschrieben wurde, militärische Strategie zum Umdenken gezwungen wurde. Die erste grosse Schlacht seit der Antike, bei der sich ein Heer zurück gezogen hat – die Eidgenossen. Schweizerischer könnten die nicht gehandelt haben.

Am schweisteristen ist uns aber die Gegenwart. Einige geben sich modern. Die NZZ zum Beispiel.

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Könnte es gar sein, dass der Werber und der Auftraggeber gar nichts gedacht haben. Liberal kann jeder sein, ob links oder rechts – oder wie viele in der Mitte. Liberal ist, oder sollte ich besser sagen/schreiben, war das Gegenteil von konservativ. Sorry, wenn ich mich in einigen Blogbeiträgen wiederhole. Aber der Quatsch, den einige mal angesehene Blätter schreiben, stinkt heute eigentlich zum Himmel. Da freut es mich, wenn Daniel Binswanger ab und zu im TA-Magzin Gegensteuer hält. «Die Wirtschaftsliberalen werden konservativ.» Auf die Religion gemünzt hören zumindest unsere Liberalen der Kirche diesen Satz des öfters seit Jahren von mir. Deshalb haben wir mal vorsorglich www.proref.ch – progressiv-liberal – reserviert.

Die Zürcher, die reformierten Zwinglianer, sind uns voraus. Da kennt man ja auch den «Grünen Güggel» – so was wie die Minenergie Kirche. Und die Kirche wird auch zweisprachig. Zumindest die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn mit dem neuen ENSMBLE. Zwei Artikel finde ich besonders lesenswert im Zusammenhang oder eher in der Auseinandertriftung von Staat und Kirche. Diejenigen von André und Jeanrudolphe. Ja, die Namen werden nichts ins Französische übersetzt. Andreas Zeller  und Hansruedi Spichiger, der neue Präsident des Kirchgemeindeverband des Kantons Bern. Der letzte Link zeigt auch die Änderung der Kirche in Bern deutlich. Vor 4 Jahren hätte das keiner gedacht, was jetzt in Ensemble «zusammen-geschrieben» ist und nicht nur historisch hoch brisant ist, sondern auch als Deutsch-Franz-Lehrheft verwendet werden kann.

Bern wird auch im Aargau erwähnt – hier am Beispiel von Schöftland. Alle Aargauer reformierten Kirchen werden aufgeschaltet – neu die Kirche Rued in Kirchrued. Daraus eine kleine Legende über die Patrizierfamilie May aus Bern, deren Vorfahren vor 585 Jahren die Hammerschmitte in Schmiedrued gebaut haben. Fünfzehn Jahre, nachdem die Habsburger hier vertrieben wurden.

2015 ein Jubiläumsjahr aller Gattungen und trotzdem sind einige noch nicht ganz progressiv. Zumindest einer. Oh Wunder Plunder Holunder! «Auch Homosexualität entspricht Gottes Schöpfungswillen» (Seite 3 unten) entgegnet Gottfried Locher dem Churer Bischof Vitus Huonder. Man und frau beachte die beiden Vornamen. Veit kann auch Wald bedeuten. Aus Bäumen können Bretter angefertigt werden, die vor dem Kopf getragen oder Särge hergestellt werden. Es wäre an der Zeit, aus der Vergangenheit zu lernen und das Zusammenleben lebenswerter zu machen – wie dies Albert Schweitzer vorgelebt hat.

Der letzte Beitrag auf Kaywa


Am 17. März 2005 hat das erste deutschsprachige Finanzblog offiziell das Licht der Welt erblickt – «Swiss oder Swissair – die Einen gehen, die Andern kommen» und seither …

… sind 1369 Beiträge erschienen. Und heute sind auf Google 72 900 Treffer unter «Finanzblog» zu finden. Aus dem Englischen «Finance Blog» übersetzt ist «Finanzblog» zu einem allgemeinen Begriff geworden. Wie «Henniez» für Mineralwasser oder «Aromat» für Streuwürze. Wer hats erfunden? Ich. Den Begriff «Finanzblog» natürlich.

Vier Monate nach dem Aufschalten von www.finanzblog.ch resp. www.finanzblog.com kam der erste Beitrag auf www.libref.ch – mit einem Bericht über einen Vortrag von Altbundesrat Pascal Couchepin. Hier sind bisher 412 Beiträge erschienen. Libref für liberal, reformiert und nicht für Library Reference mit über 109 000 Ergebnissen.

Es freut mich, dass beide Blogs immer noch an erster Stelle erwähnt werden. Ob das in Zukunft auch so ist, wissen die Götter. Wir sind daran, die Blogs zu zügeln. Und vermutlich wird von Google mit der Zeit alles neu indexiert, so dass man hoffen kann, die alten Suchabfragen mit der Zeit auf dem neuen Server wieder zu finden. Lasst euch und mich überraschen, ob dies gelingen wird.

Kaywa stellt per Ende Jahr den Blogbetrieb ein. Ein merci für all die Jahre. Die wenigen Probleme wurden immer schnell gelöst. Das Team um Herrn Fischer habe ich im Technopark Zürich auch besucht. War dies, als wir inhouse bei einem IT-Druckbetrieb eine Due Diligence durchführten, oder als wir uns mit dem Blogger Moritz Leuenberger, alt Bundesrat, trafen.

Auf beiden Blogs sind über 2200 Bilder zu finden, die zum aller grössten Teil von mir selbst geschossen wurden. Unter anderem auch Couchepin mit Karan Singh, ein Bild, das in mehreren Erdteilen in Zeitungen erschien. Bilder sind im Internet so eine Sache, die manchmal zum Staunen anregen. Wenn sie Bilder von Prof. Max Boemle suchen, so sind dort nebst zutreffenden aus dem Finanzblog zum Beispiel auch Bilder aufgeführt, die eigentlich nichts mit ihm zu tun haben.

Die Flasche Barack ist nur eine ironische Anspielung und Ironie ist gefährlich, weil sie von vielen Menschen nicht erkannt wird. Neustes Beispiel ist die Geschichte von Schawinski und Thiel. Wie beim erwähnten Neandertaler nimmt man einen plakativen Satz und stellt den ohne Zusammenhang in den Raum. Sarkasmus pur, habe ich einmal über Thiel geschrieben. Und wenn man solches nicht erträgt, sollte man lieber die Finger davon lassen. Also entschuldigt mich, wenn ich auch in Zukunft die Polemik nicht sein lassen kann.

Zwei Kollegen haben mich vor Jahren gebeten, doch ab und zu mal über Flaschen und deren Inhalt zu schreiben. Über 50 Beiträge sind so über «Wein» entstanden. Auch ein solches Gebiet darf in einem Finanzblog Platz finden. Finanzen steht nicht für Aktien und Börse, wie dies heute sehr oft falsch interpretiert wird. Finanzen bedeuten schlicht und einfach Geld. Und ich behaupte, dass die Menschen jeden Tag direkt und indirekt öfters an Geld denken, als an das wohl bekannteste Vergleichswort «Sex». Solche Stichworte in ein Blog einzusetzen bringt allenfalls Klicks. Und je heisser diese Schlagworte sind, desto eher finden sie in der Statistik auch ganz interessante Suchmaschinen, die aufs Blog zurückgreifen.

Politik ist das meist aufgegriffene Thema, gefolgt von «Ökologie – Energie – Technik». Alles hat mit Geld, mit Finanzen zu tun. Denkmuster hinterfragen gehört auch dazu. Weiterdenken! Andere anregen, nicht einfach alles zu glauben, was in den herkömmlichen Medien herumgereicht wird. Oder gar selbst einmal etwas schreiben. Gastbeiträge und einige Adventskalender, wo auch andere Blogger teilgenommen haben. Die Adventskalender habe ich nach einigen Jahren aufgegeben, denn diese geben unheimlich viel zu tun. Ja, am Anfang gab es praktisch zumindest werktäglich einen Beitrag. Im Juli 2009 gar keinen. Da war ich im Sommerschlaf. Ja fast alles ist mit Geld zu haben. Nur bei der Gesundheit klappt es nicht immer. Das sind dann auch die Neujahrswünsche, die zum Teil von diesem Gebiet berichten. So ist das Leben – es verläuft immer einmal tödlich. Dieses Jahr war ein Finanzkollege nicht mehr auf der Adressliste.

Viele andere freuten sich auf die Wünsche und die Weltbetrachtungen. Diese zählen mehr als all die Millionen Visits, die ich über diese neun Jahre und zehn Monate zu verzeichnen hatte. Über 460 000 werden es heuer sein. In den aktiveren Jahren weit über eine Million. libref. erreicht rund einen Viertel. Keine Ahnung, wie viele die Beiträge wirklich gelesen haben. Merci all denen, die in diesen Jahren mit Ideen oder Beiträgen mitgeholfen haben. Einen ganz speziellen Dank an Herbie mit dem Personalblog. Auch sein Blog werden wir neu aufgleisen. Nächstes Jahr wird er mich vermutlich in der Anzahl Beiträge überholen – nur 25 weniger als ich. Seit acht Jahren ist er online.

So, zum Schluss noch einige Zeilen zum Nachdenken. Andrea Vogel sendet zu seinen Weihnachtswünschen gleich sein neuestes Buch «Lebenslicht – Stationen eines Grenzgängers» mit. Zu Beginn des Buches: «Ich möchte schreiben und meiner Seele eine Stimme geben.» Am Schluss: «Ich schreibe, weil ich ihnen nicht zumuten kann, dass ich singe.» Im Gegensatz dazu können sie mich mit etwas Mut aber als 2. Bass nicht überhören – links neben dem Klavier. Bei Andrea Schalk gepaart mit tiefgreifenden Texten und Gedichten dazwischen. «Freunde vermisst man, wenn sie nicht da sind. Ja, mein Freund, bleiben wir auf unseren Wegen, bis ans Ende der Zeit und gehen in die gleiche Richtung in alle Ewigkeit» – sagt die Sonne zum Mond. Bei «das Ende der Menschheit» erwähnt er Gockelspielenmüssen, Geldbereicherungsstreben oder Konsumhörigkeitsstreben. «Sogar Steine haben ihre Endlichkeit, egal wie gross sie auch sein mögen.»

Ob Grenzgänger oder Finanzblogger. So kann doch jeder ein wenig stolz auf seinen Vogel oder seinen Flick sein. Andrea Vogel verdeutlich dies mit seinem Flick Book, dem Daumenkino mit einem Vogel, der durchs ganze Buch be-gleitet.

Steine und Blogs haben ihre Endlichkeit. Aber es ist noch zu früh. Demnächst geht es weiter

    • www.finanzblog.ch oder www.finanzblog.com
    • www.libref.ch
    • Mit klarer Sicht. «Man sieht nur mit dem Herzen gut». – Das neue Erscheinungsbild des Personalblogs

Protestantisch, liberal – wie die "nachhaltige Stellwerkstörung"


Das Wort «liberal» ist heute so verkommen, dass man sich fast schämen muss, sich als Liberaler zu bezeichnen, dafür nennen sich alle Protestanten, die keine sind, geschweige denn wirklich einmal protestieren.

Ich will heute protestieren. Nein, eher bitten, beten – braucht diese Wörter im richtigen Sinne. Die meisten regen sich heute auf, wenn ein Wort einen Schreibfehler enthält, eine Kommaregel falsch angewendet wurde, auch wenn diese vielleicht schon wieder veraltet ist oder wenn etwas Gross statt klein im Text erwähnt ist. Nie vergessen werde ich während meiner Lehrzeit das Fräulein R. in der Sektion Kartoffelbau, ihr Name erinnerte an «abgeschottet». Diese Dame hat sogar Ansichtskarten rot unterstrichen, wo unkorrekt aus dem Ausland gegrüsst wurde. Den Mut hinzuschreiben, wer das war, hatte sie nicht. Vielleicht wäre sie in der Abteilung Obstbau, Sektion Steinobst besser aufgehoben gewesen – Bereich «Zwetschgen». Hier werden gemäss heutiger Zeitungsmeldung zumindest die Mitarbeiter der Alkoholverwaltung protestieren. Das sind die «nachhaltigen» Nebensächlichkeiten, über die wir heute streiten. Aber immer und immer wieder.

Wichtiges, wird einfach so hingenommen, wie nachhaltige, systemrelevante Stellwerkstörungen. Dabei gibt es bei der SBB andere relevante Störungen. Der Hauptsitz wird sales-and-lease-gebacked. Bilanzschönung heisst das und kommt uns Bürger teurer zu stehen. «Auf diese Weise vermeidet sie eine langfristige Bindung von Kapital, wie sie am Dienstag mitteilte.» «Mein Gott Walter», da müssten Finanzfachleute feststellen, dass dieser «Laden» in einer Liquiditätskrise steckt. Wir werden in vierzehn Tagen wieder schöne Diskussionen haben. Nach der Affäre Telefonzentrale Bollwerk, scheint man im Bundesbern nichts gelernt zu haben. Das nachhaltige Wort «Nachhaltigkeit» war letztes Jahr 300 Jahre alt geworden. Es stammt aus der Holznot der Forstwirtschaft und heute wird es mit Axt und Motorsäge traktiert und nachhallig für alles Un- und mögliche verwendet.

«Reformation» ist 198 Jahre älter. Nächstes Jahr feiern wir 500 Jahre Reformation. Das SEK meint damit das «Evangelium im Mittelpunkt». «sEk», das «E» steht ja auch für evangelisch. Und dabei müsste es eigentlich, oh SchRecK, sRk, heissen. Der grösste Teil der Geldgeber ist heute «reformiert» und nicht mehr «evangelisch». Aber einen Namensstreit wollen wir nicht – SRK – das müssen wir wohl nicht erklären. In der Sek lernten wir schon jede denkbare sek., dass die SEK die Schwedische Nationalwährung ist. Bliebe noch sPk für «Schweizerischer Protestantischer Kirchenbund» – aber hier kommen wir in Klintsch, Klinsch oder Clinch mit der Schweizerischen Politischen Konferenz – leider vor gut zwanzig Jahren an der Thunstrasse zu Bern aus finanziellen Nöten begraben worden.

Wer oder was ist nun reformiert oder protestantisch? Schön sagt es die Kirchgemeinde Küssnacht. Wir am Rigi «küssen», pflegt mein Kollege zu sagen. Und diese Innerschweizer sind noch evangelikal. Nicht wie Küsnacht, das uns schon mit Peter Bichsel begegnet ist. Das Wort «evangelisch» existiert nicht mehr. Das Prankenkreuz wäre mal ein historischer Ausflug wert. vielleicht nicht gerade mit der Força Aera oder zu Bismarck, dem einzigen Protestanten, der den päpstlichen Christusorden trug.

Kirchengeschichtlich haben nur die Romands heute noch das Wort «protestante». Wir gesamte Deutschweizer sind landeskirchlich reformiert. Und dabei gibt es immer noch Kirchen, die evangelisch schreiben. Wer als landeskirchliche Bezeichnung Protestant in den Mund nimmt liegt seit Jahrzehnten falsch. Protestanten gibt es vor allem im Ausland – Holland vor allem, einige in Deutschland und ganz speziell im angelsäsischen Raum und praktisch alle Freikirchen und zum Teil Sekten. Die Kantonskirche Bern-Jura-Solothurn ist reformiert, dito Aargau, Basel. Zürich ist reformiert – sogar auf gleichem Portal wie die Katholiken. Dann gibt es nur noch eine grössere, die noch evangelisch ist – die Bündner. Dort sind die meisten auch keine Reformierten mehr. «Jede zweite Pfarrperson habe keinen Schweizer Pass mehr

Es wäre vielleicht einmal an der Zeit, dass sich Schweizer Theologie Professoren ins Wikipedia einleben würden. Das ist von unserer Kirche her ein richtiges Paradies, für Nonsens. Achtung, Wikipedia ist ein Superinstrument, aber dieses wird von Freikirchen und Sekten bestens kontrolliert und vor allem schön fein umschrieben. Hier die extrem wenigen Worte über reformiert im Wiki, was die Schweiz anbelangt:

Daneben existieren die Bezeichnungen „lutherisch“ bzw. „A.B. (Augsburgischen Bekenntnisses)“, die die Kirchen in der Tradition der Wittenberger Reformation bezeichnen, und „reformiert“ bzw. „H.B. (Helvetischen Bekenntnisses)“, die die Kirchen in der Tradition der Schweizer Reformatoren Ulrich Zwingli und Johannes Calvin bezeichnen.

Im Briefwechsel schreibt mein Kollege: «Ob es nötig ist, den Begriff „Protestanten“ aktiv zu bekämpfen, scheint mir sehr fraglich! Er ist in der Schweiz so geläufig wie Evangelisch-reformiert oder einfach reformiert – „das Volk“ macht da keinen Unterschied. Auch die Feldprediger in der Armee wurden unterschieden in Fpr prot und Fpr kath.» Bekämpfen wollen wir nichts. Missionieren schon gar nicht, das war früher mal. Aber Zwingli starb schon 1531 dort, wo wir die 2. Kappeler Milchsuppe zelebrierten. Den grössten Anlass, den wir in den vergangenen Jahrzehnten durchführten. Und Calvin starb 33 Jahre später. Eigentlich Zeit genug, zu wissen, dass wir reformiert und nicht protestantisch sind. Jeder Militärpflichtige Reformierte hatte auf seinem «Grabstein» die Abkürzung «prot» eingraviert. Ein Übersetzungsfehler aus dem Französischen soll das gewesen sein!

Und nun noch einiges zu liberal. Smartvote schreibt in ihrer Grafik neuerdings je dreimal liberal und konservativ, sowie links und rechts hin – damit es jedem klar ist. Es gibt Linksliberale, Rechtsliberale und solche in der Mitte.

«Ich bin kein Missionar. Als Liberaler kann ich das Ergebnis einer parteiinternen Meinungsbildung nicht vorwegnehmen. Ich kann nur sagen: Wenn man von einem liberalen Kompass ausgeht, dann darf man sich nicht von links und nicht von rechts vereinnahmen lassen.»

Das schreibt ein Professor für Staats- und Verwaltungsrecht im Artikel «Die FDP leidet unter der Absenz der Intellektuellen». Vielleicht müsste man diesen Kompass wieder einmal eichen. Das sagt einer, der nebst Kassier auch mehrere Jahre «Parteiideologe» im Vorstand einer lokalen FDP war, die heute einen Bundesrat stellt.

Zeit, dass wir kirchlich Liberalen das englische Wort übernehmen – progressiv. Die Sektion Zürich macht es vor – prolibref – progressiv, liberal, reformiert. Zum Spass meinte jemand, sie sei «konservativliberal» – es gibt doch immerhin schon 74 Treffer. «Konservativliberal» ist aber überwiegend.

Frei nach dem Motto: «Biegen wir das nächste Mal linksrechts oder rechtslinks ab?»